Streit um Vermögensteuer Grünen-Parteitag beginnt versöhnlich - Zetsche darf kommen

Münster · Bis zur Bundestagswahl ist es nicht mal mehr ein Jahr. Die Grünen wollen in Münster die Weichen für den Wahlkampf stellen und einen Dauerstreit beenden. Zum Auftakt gibt es schon eine erste kleine Klippe zu umschiffen.

 Der Bundesvorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, spricht auf dem Bundesparteitag in Münster.

Der Bundesvorsitzenden der Grünen, Cem Özdemir, spricht auf dem Bundesparteitag in Münster.

Foto: Bernd Thissen

Die Grünen-Spitze will den parteiinternen Streit um höhere Steuern für Vermögende rechtzeitig vor dem Bundestagswahlkampf ausräumen. Nach langer Diskussion sei es jetzt Zeit, eine Entscheidung zu treffen, mahnte Parteichefin Simone Peter zum Auftakt des Bundesparteitages in Münster.

Ihr Co-Vorsitzender Cem Özdemir kritisierte den Dauerstreit als selbstbezogen. "Bei aller Einigkeit in den Zielen führen wir viel zu oft Selbstgespräche, welches Instrument für eine gerechtere Gesellschaft wir gut und welches wir schlecht finden", sagte er. "Draußen" bleibe der Eindruck hängen, die Partei sei beim Thema Gerechtigkeit gespalten und ohne klaren Kurs.

Das Streitthema Vermögensteuer, das die Grünen seit Jahren spaltet, steht für diesen Samstag auf der Tagesordnung des Parteitages. Özdemir ließ weiter offen, was er selbst konkret will. Eine "kluge Umverteilung durch höhere Vermögenbesteuerung" sei nicht "des Teufels", sagte er - das ist in der Partei Konsens. Falsch sei aber "die Annahme, dass höhere Vermögensteuern allein die Schere zwischen Arm und Reich völlig schließen können". Er hoffe, dass vom Parteitag ein Signal ausgehe, dass die Grünen eine "faire, eine verfassungsfeste Besteuerung von sehr hohen Vermögen" wollten.

Özdemir hatte im Vorfeld keinen der zahlreichen Anträge zu dem Thema unterstützt, sich aber bereits oft gegen die Vermögensteuer ausgesprochen, wie der linke Parteiflügel mit Simone Peter an der Spitze sie sich wünscht.

Ein kleiner Aufreger wäre gewesen, wenn die Delegierten den als Gastredner geladenen Daimler-Chef Dieter Zetsche gleich wieder ausgeladen hätten. Die Entscheidung des Bundesvorstands, einen so prominenten Vertreter der Autobranche einzuladen, hatte vor dem Parteitag viel Unmut hervorgerufen - auch, weil er als Vorstoß der Realos aus Baden-Württemberg um Özdemir und Ministerpräsident Winfried Ketschmann wahrgenommen wurde.

Zwei Anträge waren eingegangen, Zetsches Rede von der Tagesordnung zu streichen. "Ich sehe mit Herrn Zetsche keine gemeinsamen Ziele", sagte einer der Antragsteller. Die Delegierten stimmten aber gegen die Ausladung. Am Sonntag darf Zetsche also sprechen und auf der Bühne unter anderem mit WWF-Expertin Regine Günther diskutieren.

Der Politische Bundesgeschäftsführer Michael Kellner berichtete vom Mitgliederzuwachs der vergangenen Wochen: Die Grünen hatten demnach am Freitag genau 60 788 Mitglieder, rund 1700 mehr als zu Beginn des Jahres. Viele von ihnen waren eingetreten, um sich am Mitgliederentscheid über die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl kommenden Herbst zu beteiligen. Es bewerben sich die Bundestags-Fraktionschefs Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter, Parteichef Özdemir sowie der Landesminister Robert Habeck aus Schleswig-Holstein. Das Ergebnis steht im Januar fest.

Hauptthema am Freitag war eine Debatte über Europa nach dem Brexit-Votum der Briten, die Folgen des Wahlsiegs von Donald Trump in den USA und die Lage in der Türkei. Der Bundesvorstand warb in einem Leitantrag für ein klares Bekenntnis zu Europa und zur EU, für die Stärkung des Europäischen Parlaments und gegen Nationalismus. "Wir beantworten Hass mit Haltung", sagte Fraktionschefin Göring-Eckardt. "Es geht jetzt um den europäischen Traum."

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