Kommentar zum NPD-Verbotsverfahren Gescheitert

Meinung | Berlin · Der Staat in Form des Verfassungsorgans Bundesrat muss zum zweiten Mal nach 2003 in derselben Sache mit einer Niederlage aus Karlsruhe abziehen. Wieder scheitert ein Antrag auf Verbot der NPD. Wenigstens blamierten sich die Antragsteller dieses Mal nicht bis auf die Knochen, wenngleich auch diese Niederlage vermeidbar gewesen wäre.

Vor der Urteilsverkündung: Andreas Voßkuhle (2. von links), Präsident des Verfassungsgerichts, in Karlsruhe.

Vor der Urteilsverkündung: Andreas Voßkuhle (2. von links), Präsident des Verfassungsgerichts, in Karlsruhe.

Foto: AFP

Eine Schlappe für den Staat: Die NPD hat es nun noch einmal höchstrichterlich. Sie darf ihr Parteiprivileg behalten, sie darf in Deutschland weiter als politische Kraft auftreten und sich um politische Mandate in den Parlamenten bewerben. Und sie kann damit weiter von der staatlichen Parteienfinanzierung profitieren, was für die finanziell klamme NPD wichtig ist.

Der Staat in Form des Verfassungsorgans Bundesrat muss damit zum zweiten Mal nach 2003 in derselben Sache mit einer Niederlage aus Karlsruhe abziehen. Wieder scheitert ein Antrag auf Verbot der NPD. Wenigstens blamierten sich die Antragsteller dieses Mal nicht bis auf die Knochen, wenngleich auch diese Niederlage vermeidbar gewesen wäre. 2003 waren Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat mit Anträgen auf ein NPD-Verbot abgeblitzt, nachdem bekannt geworden war, dass V-Leute des Verfassungsschutzes in der Führungsebene der Partei aktiv waren, der Staat also verfassungsfeindliche Aktionen der NPD womöglich selbst initiiert haben könnte.

Dieses Mal gab das höchste deutsche Gericht vor allem den Länderinnenministern, die dieses Verbot angeschoben hatten, einstimmig mit auf den Weg, dass es nicht über Gesinnung oder Weltanschauung urteile, sondern ein Parteiverbot erst dann ausgesprochen werden könne, wenn eine echte Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung bestehe. Und diese Gefahr bestehe trotz der verfassungsfeindlichen Ziele und der rechtsextremen und rassistischen Gesinnung der NPD aktuell nicht. Das allerdings hätten die Bundesländer, die die hohen Hürden für ein Parteiverbot kennen, besser einschätzen können. Jetzt haben sie ein Urteil, das sie nicht haben wollten.

Was den Bundesrat als erneut gescheiterten Antragsteller trösten mag: Einzig die politische Bedeutungslosigkeit der NPD mit ihren etwas mehr als 5000 Mitgliedern bundesweit und noch 338 Mandaten in deutschen Kommunalparlamenten veranlasste das Bundesverfassungsgericht, den Antrag auf Verbot der NPD abzulehnen. „Derzeit“ gingen von der NPD keine konkreten Anhaltspunkte von Gewicht aus, die einen Umsturz der freiheitlich demokratische Grundordnung als wahrscheinlich erscheinen ließen. Tatsächlich aber hat das höchste deutsche Gericht die verfassungsfeindliche Gesinnung der NPD bestätigt, sieht die rechtsextremistische Partei aber wegen ihrer „geringen Wirkkraft“ in die Gesellschaft weit davon entfernt, ihre Ziele zu erreichen.

Das Gute an dem Urteil aus Karlsruhe: Für einen nächsten Antrag auf ein NPD-Verbot (in einiger Ferne) dürften damit die Kriterien hinreichend klar sein. Es genügt eben nicht, eine Partei mit politischem Impetus verbieten zu wollen. Denn auch dies unterscheidet ja den Rechtsstaat von jenem völkisch-autoritären Nationalstaat, den die NPD gerne errichten würde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Planlose Reformidee
Kommentar zum Abtreibungsgesetz Planlose Reformidee
Am Bedarf vorbei
Kommentar zum Ärztemangel Am Bedarf vorbei
Zum Thema
Aus dem Ressort