Kommentar zu den Steuereinnahmen Geld zurück

Meinung | Berlin · Dass der Staat finanziell glänzend dasteht, ist erfreulich. Das zeigt, wie stabil das Land ist. Aber die Steuerzahler wundern sich, warum sie immer mehr Geld abliefern sollen, wenn die Einnahmen sprudeln.

 Wolfgang Schäuble hat zum zweiten Mal hintereinander einen riesigen Haushaltsüberschuss angesammelt.

Wolfgang Schäuble hat zum zweiten Mal hintereinander einen riesigen Haushaltsüberschuss angesammelt.

Foto: picture alliance / dpa

Für den Bundesfinanzminister sind Meldungen zu guten Haushaltszahlen unerfreulich. Wenn für die Bürger sichtbar wird, dass Wolfgang Schäuble zum zweiten Mal hintereinander einen riesigen Haushaltsüberschuss ansammelt, dann wirft das Fragen auf. Schäubles Ministeriale besitzen zwar einige Übung darin, die Zahlen zu relativieren. Die guten Ergebnisse des ersten Halbjahres könnten nicht auf das gesamte Jahr hochgerechnet werden, erklärte das Finanzministerium. Angesichts eines gesamtstaatlichen Rekordüberschusses von 19 Milliarden Euro im ersten Halbjahr verfängt diese Hinhaltetaktik aber nicht.

Selten zuvor konnten Bund, Länder und Kommunen auf eine derart gute Kassenlage blicken. Dass der Staat finanziell glänzend dasteht, ist erfreulich. Das zeigt, wie stabil das Land trotz vieler aufgeregter Debatten ist. Zum Befund gehört aber auch: Die Steuerzahler wundern sich, warum sie immer mehr Geld beim Fiskus abliefern sollen, wenn die Einnahmen sprudeln.

Die Menschen sehen, dass für viele Aufgaben in Deutschland genügend Mittel vorhanden sind. Die große Koalition hätte in einer aufgeheizten Stimmung die Chance zu zeigen, dass sie den normalen Bürger nicht vergessen hat. Steuersenkungen sind längst überfällig. Schäuble hat sich das unbestreitbare Verdienst erworben, die Abhängigkeit von neuen Schulden zu durchbrechen.

Doch seine Bilanz als Steuerpolitiker fällt absolut enttäuschend aus. Die letzte Steuerentlastung gab es vor sechs Jahren. Seitdem müssen sich die Bürger mit Minireförmchen wie einem winzigen Ausgleich für die Steuerprogression bescheiden. Dabei ist es offenkundig, dass die Zeit für eine Entlastung gekommen ist. Bürger und Unternehmen müssen im Vergleich zur gesamten Wirtschaftsleistung einen immer höheren Teil für Steuern aufbringen.

Beim Blick auf die Etats sollte zwar nicht außer Betracht bleiben, dass der Staat besonders von Niedrigzinsen profitiert. Allein der Finanzminister spart dadurch im Vergleich zu früher jedes Jahr 20 Milliarden Euro. Die gefühlte Lage ist damit besser als die tatsächliche. Dennoch ist es richtig, Ersparnisse an die Bürger weiterzugeben. Dies wäre wirtschaftspolitisch der richtige Weg.

Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank führt in Deutschland zu einer aufgeblähten Konsumnachfrage. Mit einer Steuerentlastung könnte die Politik dafür sorgen, dass der Aufschwung auf solidem Fundament steht.

Immerhin haben Union und SPD Steuersenkungen nach der Bundestagswahl angekündigt. Die Parteien spielen auf Zeit. Die Erfahrung lehrt, dass die Politik eine gute Haushaltslage vor allem nutzt, um Sozialleistungen zu erhöhen. Warum also mit einer Steuerreform bis 2018 warten, wenn jetzt Spielraum vorhanden ist? Die Regierung könnte sofort und ohne Abstimmung mit Ländern den Solidaritätszuschlag senken.

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