Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit Festmeile in Mainz mit Sicherheitsvorkehrungen

Mainz · Rheinland-Pfalz rüstet sich als Gastgeber der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit mit rund 7000 Polizisten, die die Festmeile in Mainz schützen sollen. Im Bonn-Zelt fragen viele Besucher, wie die Stadt den Regierungsumzug verkraftet hat.

 Impression aus Mainz: Die Quadriga am Rhein – ein Modell des Brandenburger Tors beim Bürgerfest.

Impression aus Mainz: Die Quadriga am Rhein – ein Modell des Brandenburger Tors beim Bürgerfest.

Foto: dpa

Als der Tag der Deutschen Einheit im vorigen Jahr in Sachsens Hauptstadt Dresden gefeiert werden sollte, war vielen Besuchern das Feiern schnell vergangen. Krawallmacher statt fröhlich feiernder Menschen bestimmten die Szenerie in der Innenstadt und am Elbufer. Solche Bilder wollte man in Mainz unter allen Umständen vermeiden. Und so bietet das Land Rheinland-Pfalz am Montag und Dienstag rund 7000 Polizisten auf, die die Festmeile gegen gewalttätige Demonstranten und Terroranschläge schützen.

In der Stadt laufen zahlreiche Beamte Streife, auf dem Rhein fährt die Wasserschutzpolizei Patrouille, in der Luft kreisen Polizeihubschrauber und an den Zugängen sind Müllwagen oder andere tonnenschwere Fahrzeuge platziert. „Schade, dass so viele Polizisten da sein müssen“, sagt der Mainzer Christian Julier-Franz, als wieder einmal ein lauter Hubschrauber das Gespräch unterbricht.

Gute Stimmung trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen

Doch die Mainzer und ihre Gäste lassen sich von den Sicherheitsvorkehrungen nicht abhalten, das Bürgerfest am Tag vor dem Tag der Einheit zu feiern. „Es ist einfach schön hier mit so vielen Menschen“, sagt Julier-Franz' zehnjährige Tochter Charlotte. Von der deutschen Teilung weiß sie natürlich nur aus Erzählungen der Älteren. Ihren Vater hat sie neulich gefragt, wie hoch denn die Mauer gewesen ist oder warum die Menschen im Osten so arm waren. Ihr zwölfjähriger Bruder Andreas hat davon gehört, dass die Mauer gefallen ist, weil „ganz viele Menschen gegen ihren Präsidenten protestiert haben“.

Die Familie ist unterwegs auf der bei Einheitsfeiern inzwischen traditionellen Ländermeile. Vor dem Hamburg-Stand haben sie gerade plattdeutsche Musik gehört, nicht weit davon entfernt zieht der Geruch von Thüringer Rostbratwurst in die Nase und ein paar Schritte weiter laden Kölner Dom, Münsteraner Rathaus und Externsteine aus Pappmaché zum Besuch des Reiselandes Nordrhein-Westfalen ein. „Die Leute interessieren sich vor allem für Wanderungen rund um die Burg Vogelsang“, erzählt Patrick Schmidder von der Nordeifel-Touristik. Fremdenverkehrswerbung beim Einheitsfest.

Bonn-Zelt lockt Besucher

Das hat auch Carmen Neff vom Pressesamt der Stadt Bonn vor, die etwas versteckt vor dem Eingang zu einem Kaufhaus das Bonn-Zelt betreibt. „Die Besucher fragen viel danach, wie Bonn den Umzug verkraftet hat, und wollen wissen, welche Ministerien noch bei uns sind“, sagt sie. Eine ältere Dame aus der Nähe von Frankfurt hat sich gerade nach der Gurlitt-Ausstellung erkundigt. Von der Museumsmeile sei sie fasziniert, sodass sie so oft wie möglich nach Bonn komme. „Demnächst bin ich wieder mit Besuch aus der Schweiz bei Ihnen“, ruft sie Carmen Neff noch zum Abschied zu.

Sechs Jahre sind es nun her, dass der Tag der Deutschen Einheit in der Bundesstadt gefeiert wurde. Größter Unterschied: das Wetter. Während es in Bonn spätsommerlich warm und trocken war, ist es in Mainz frisch, trüb und regnerisch. Ein Sinnbild für den derzeitigen Zustand der Einheit? Annerose und Hans-Dieter Brucker aus dem nahen Bad Kreuznach sehen das nicht so negativ. „Viele vergessen, dass es ihnen besser geht als früher“, sagen sie in Bezug auf die vielen AfD-Wähler im Osten. Dabei sei Deutschland doch „so ein toller Platz zum Leben“, meint Annerose Brucker und fügt hinzu, „ich kann hingehen, wo ich will, sagen, was ich will und wählen, was ich will. Die Freiheit ist unbezahlbar“.

Die beiden stehen vor dem Rheinland-Pfalz-Zelt, in dem Ministerpräsidentin Malu Dreyer und der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (beide SPD) am Montagmittag das Bürgerfest eröffnen. Von einer der größten Feiern, die Mainz je erlebt habe, spricht Ebling. Dreyer hebt das Wir-Gefühl hervor, das in den Wochen der Vorbereitung bei Mitarbeitern von Land, Stadt, Polizei, Rettungsdiensten, anderen Behörden und den vielen Ehrenamtlichen entstanden sei, und das auch das Motto der Einheitsfeier bildet: „Zusammen sind wir Deutschland“.

Sieger kommt aus Mexiko

Als geeintes Land „haben wir schon ganz viel geschafft“, sagt Dreyer und fügt hinzu, „aber wir haben auch noch ganz viel vor, und nur zusammen können wir es schaffen“. Dreyer, die Landesmutter, ist wieder in ihrem Element. So hat sie im vorigen Jahr auch die Landtagswahl noch gewonnen. Bei so viel Gemeinschaftsgefühl – was liegt da näher, als eine gemeinsame Aktion, ein Ritual für ganz Deutschland zu planen?

250 Vorschläge sind eingegangen. Der Sieger: Carlos Huerta aus Mexiko-City, der die Idee gehabt hat, an jedem Einheitstag zu einer ganz bestimmten Zeit, quasi als Flashmob, überall in Deutschland das gleiche Lied zu singen. Dreyer schlägt die Europahymne vor. An diesem Dienstag um 16.20 Uhr soll im Rheinland-Pfalz-Zelt die Uraufführung stattfinden. Ob es wie eine Welle durch ganz Deutschland schwappt? Zuvor gibt es noch die offiziellen Programmpunkte: ein ökumenischer Gottesdienst im Mainzer Dom (10 Uhr) und der Festakt zum Tag der Deutschen Einheit (12 Uhr) in der Rheingoldhalle. Die Hoffnung von Dreyer und Ebling: dass es friedlich bleibt und dass das Wetter besser wird.

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