Kirchentag in Berlin Fantastische Versprechen will Schulz nicht geben

Berlin · Einen Tag nach Angela Merkel und Barack Obama ist auch der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beim Kirchentag. Er sprach über das Vertrauensverhältnis zu Politikern.

 Der Vorsitzende der SPD und Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, Martin Schulz.

Der Vorsitzende der SPD und Spitzenkandidat zur Bundestagswahl, Martin Schulz.

Foto: dpa

„Gottkanzler“ steht auf einem Transparent, das für einige Minuten von der Empore des Berliner Doms herabhängt. Der Mann, auf den sich dieser Begriff beziehen soll, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, steht knapp darunter vor dem golden glänzenden Hauptaltar der größten Kirche Berlins. Nachdem am Donnerstag Bundeskanzlerin Angela Merkel vor dem Brandenburger Tor mit dem früheren US-Präsidenten Barack Obama diskutierte, ist es am Freitag an Schulz, die Herzen des Kirchentagspublikums zu erobern. Gemeinsam mit dem Soziologen Armin Nassehi spricht er über Vertrauen und Glaubwürdigkeit in der pluralen Gesellschaft.

„Was wissen wir eigentlich? Und wer glaubt es uns?“, beginnt Schulz seinen Vortrag, nachdem er sich dem Publikum als „Klosterschüler“ und „passiver Katholik“ vorgestellt hatte. Die Zuhörer erfahren, dass der SPD-Kanzlerkandidat lieber in Büchern nachschlägt, als mit dem iPad zu googeln, und dass er für seine Arbeit natürlich auf die Beratung durch Experten angewiesen ist. Immer wieder fallen flotte Sprüche, immer wieder versucht er, komplizierte Themen durch einfache Alltagsbeispiele darzustellen. „Wenn jemand sagt, ich weiß, dass meine Partnerin mich liebt, wird es schwieriger“, sagt Schulz. Dies sei eine „gefühlte Wahrheit“.

„Liebe fühlt sich an wie Sonnenschein, aber es ist viel schwieriger, das nachzuprüfen.“ Besonders betont der frühere Präsident des EU-Parlaments die Bedeutung des Vertrauens als Grundlage der Politik. „Es ist wichtig für unsere Demokratie, das Vertrauensverhältnis zu den Politikern wiederherzustellen“, sagt Schulz. „Wie soll jemand einem Politiker vertrauen, der einen Wahlkampf mit fantastischen Versprechen führt, diese dann aber nicht umsetzen kann?“ Er selbst hüte sich „vor solchen Versprechungen, denn sie gefährden die Glaubwürdigkeit in der Politik.“

Was angesichts des noch nicht vorhandenen eigenen Wahlprogramms aber auch keine Aussage ist, die Schulz etwas abverlangen würde. Ohnehin bleibt er auf der Metaebene. Er spricht über Werte in der Politik, aber nicht über seine eigene. Als er auf das Thema Drohnen kommt, zu dem Obama erklärt hatte, deren Einsatz sei im Kampf gegen den Terrorismus notwendig, „um Land und Bürger zu schützen“, gibt Schulz nur Fragen wieder, die sich Menschen gestellt hätten: „Wie kann es sein, dass in einer Demokratie abseits jeglicher Öffentlichkeit solche Aktionen durchgeführt werden? Wie kann es sein, dass solche Befehle ohne parlamentarische Kontrolle erfolgen?“

Anders ist es nur bei einem Thema: dem Auftritt Donald Trumps bei der Nato in Brüssel. Trump sei im Stil eines „autokratischen Herrschers“ aufgetreten. Sein Verhalten sei nicht zu akzeptieren – zumal die von Trump gedemütigte Bundeskanzlerin Angela Merkel „das gesamte deutsche Volk repräsentiert“. Als er das sagt, ist das Transparent mit dem Wort „Gottkanzler“ längst wieder eingerollt.

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