Zunahme von Migration Entwicklungshilfe als Wahlkampfthema

Bonn · Die Zunahme der Migration hat vor allem der Zusammenarbeit mit Afrika zu einer neuen Bedeutung verholfen. Auch im Wahlkampf ist das Thema angekommen.

 Eine Mutter von Zwillingen holt einen Sack Mais von einer Verteilstelle des UN-Welternährungsprogramms in Malawi in Afrika.

Eine Mutter von Zwillingen holt einen Sack Mais von einer Verteilstelle des UN-Welternährungsprogramms in Malawi in Afrika.

Foto: dpa

Entwicklungspolitik gilt gemeinhin als Nischenthema. Doch in diesem Jahr ist das anders - auch im Bundestagswahlkampf. Das hat vor allem mit der stark gestiegenen Migration aus den Kriegsgebieten in Syrien und Irak, aber auch aus afrikanischen Ländern zu tun. Fluchtursachenbekämpfung ist als Thema auf der politischen Agenda weit nach oben gerückt, in der Debatte um Asyl und Integration ist es immer mit dabei. Die Entwicklungspolitik insgesamt hat damit eine ganz neue Bedeutung erhalten

Der Verband Entwicklungspolitik und humanitäre Hilfe (Venro) hat jetzt ein Positionspapier vorgelegt, das die wichtigsten entwicklungspolitischen Aussagen der Parteien zur Bundestagswahl vorstellt. Insgesamt, so das Venro-Fazit, finden sich in den Programmen viele Positionen zum Thema Bekämpfung von Armut und Hunger, zu Klimaschutz, Menschenrechten oder ziviler Krisenprävention, die Venro begrüße. Bedenklich seien aber Tendenzen wie eine Vermischung von Verteidigungs-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik.

Bemerkenswert ist, dass sich alle Parteien bis auf FDP und AfD ausdrücklich zu dem Ziel bekennen, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für Entwicklungszusammenarbeit (EZ) aufzuwenden. SPD, Linke und Grüne wollen dies erreichen, ohne dass die Ausgaben für Flüchtlinge im Inland darauf angerechnet werden. Die Grünen setzen als Zeitziel 2021.

Die Union koppelt das 0,7-Prozent-Ziel an die angestrebte Erhöhung des Verteidigungsetats in Richtung zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes bis 2024: Die EZ-Mittel sollen im Maßstab 1:1 so lange erhöht werden, bis die 0,7-Prozent-Quote erreicht ist. Die FDP bringt die Forderung ins Spiel, langfristig drei Prozent des BIP in nationale Sicherheit - also Außenpolitik, Entwicklungspolitik und Verteidigung - zu investieren.

Alle Parteien sprechen sich dafür aus, die Unterstützung für und Zusammenarbeit mit Afrika zu stärken. Die Union setzt auf den bekannten "Marshallplan mit Afrika", der die Empfängerländer zu eigenverantwortlichem unternehmerischem Handeln befähigen soll. Dabei sollen auch private Investitionen mobilisiert werden. Daneben setzt die Union auf den "Compact with Africa". Die Initiative soll private und öffentliche Investitionen in Partnerländern wie Tunesien oder der Elfenbeinküste fördern. Auch die FDP will mehr private Investitionen, fordert aber zugleich eine kritischere Auswahl der Partner.

Die Sozialdemokraten wollen die Schaffung einer afrikanischen Freihandelszone unterstützen. Die Linke mahnt den Abschied von einer Politik ungleicher Handelsbeziehungen an. Sie plädiert für eine Neuausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit, die ein Instrument globaler Umverteilung im Sinne sozialer Gerechtigkeit sein müsse. Wie die Linke wollen die Grünen eine faire europäische Handels- und Agrarpolitik. Sie schlagen einen Zukunftspakt zwischen EU und Afrika vor, der gemeinsam erarbeitet werden soll.

Die FDP bringt ausdrücklich Partnerschaften mit der Privatwirtschaft ins Spiel. Gefordert wird eine werteorientiert Entwicklungspolitik, die auf Qualität statt auf Quantität der eingesetzten Mittel setzt sowie auf Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung und soziale Marktwirtschaft.

Bemerkenswert ist, dass Venro die AfD keine einzige Zeile wert ist. AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland fordert unter anderem, dass EZ-Mittel statt nach dem "Gießkannenprinzip" auf "sehr viel weniger" Staaten vor allem in Afrika verteilt werden sollen, in denen Deutschland klare Interessen verfolge, etwa bei der Eindämmung der Migration. Bei allen anderen "sollte man die Entwicklungshilfe auf null zurückfahren". Das Entwicklungsministerium will Gauland abschaffen - zuständig solle künftig das Auswärtige Amt sein.

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