Kommentar zu den Gefahren für die Wirtschaft Ende des Aufschwungs

Meinung | Berlin · Die deutsche Wirtschaft zeigt sich angesichts der Krisen in der Welt robust. Doch dieser Zustand kann sich schnell ändern, weiß Birgit Marschall.

 Mit Handelswaren beladene Schiffe haben am JadeWeserPort Wilhelmshaven festgemacht.

Mit Handelswaren beladene Schiffe haben am JadeWeserPort Wilhelmshaven festgemacht.

Foto: dpa

Mindestens 50 Prozent des Wirtschaftens sind Psychologie, sagte Ludwig Erhard mit Recht. Man sollte die wirtschaftliche Lage also nicht dramatischer darstellen, als sie ist. Noch ist die allgemeine Aufgeregtheit in Politik und Gesellschaft und jetzt auch an den Börsen der Lage nicht angemessen. Die deutsche Wirtschaft zeigt sich trotz aller von außen kommenden Irritationen (Trumps Handelsstreit, Mays Brexit-Fiasko) noch erstaunlich robust.

Allerdings geht jeder Aufschwung irgendwann zu Ende. Der Wendepunkt könnte neuerdings früher eintreten als bisher erwartet. Denn die Konjunkturrisiken sind tatsächlich erheblich gestiegen. Dazu trägt vor allem der US-Präsident bei, der es darauf angelegt hat, im Sinne von „America First“ die eigene Wirtschaft auf Kosten der anderen anzuheizen.

Fatalerweise gelingt Trump das bisher: Da die US-Unternehmen wegen gesunkener Steuerforderungen massiv Gewinne in die USA zurück transferieren, steigen dort Investitionen und Wachstum besonders stark. Im Handelsstreit mit China sorgen Trumps Drohungen zunehmend für Verunsicherung. Langfristig dürfte sich dieser Kurs auch für die USA rächen.

Negativen Entwicklung nicht entgehen

Deutschland als Exportland kann dieser negativen Entwicklung auf Dauer nicht entgehen. Hinzu kommt, dass die Brexit-Verhandlungen zu scheitern drohen. Unter einem harten Brexit würden deutsche Unternehmen besonders leiden, weil sie die wichtigsten Handelspartner der Briten sind. Sorgen bereitet zudem Italien, das sich nicht an EU-Haushaltsregeln halten will, dessen Banken in eine gefährliche Schieflage geraten und damit wieder das gesamte Euro-System ins Rutschen bringen könnten.

Und dann ist da noch der hausgemachte Diesel-Skandal, dessen Spätfolgen der Autoindustrie so sehr zusetzen könnten, dass sie ihre bisherige Führungsposition verlieren könnte. Das wäre für den Industriestandort Deutschland eine Katastrophe. Auch ein Fels in der Brandung kann überschwemmt werden. Ein scharfer Abschwung, gar eine Rezession oder eine neue Wirtschaftskrise, würden den Rechtsruck in Deutschland beschleunigen. Dass die AfD einen so großen Zulauf hat und ein Drittel aller Bürger für populistische Angebote offen sind, ist angesichts der noch hervorragenden Wirtschaftslage ohnehin erstaunlich. Sollte sich das Blatt aber drehen, kämen die Volksparteien mehr unter Druck.

Die Politik muss sich dieser Gefahr bewusst sein. Verantwortungsbewusst wäre eine Regierung, die nicht einfach wie bisher in der Renten-, Sozial- und Gesundheitspolitik jede Menge zusätzlicher Ausgaben beschlösse, sondern ihr Pulver für die schwierigere Zukunft trocken hielte. Entlastungen bei Steuern und Abgaben könnten bald das beste Instrument zur Stabilisierung der Wirtschaft sein. Sie müssen aber finanzierbar bleiben.

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