„Sofortprogramm Saubere Luft 2017 – 2020“ Diesel-Fahrverbote in NRW scheinen unvermeidlich

Düsseldorf · An vielen Messpunkten in NRW-Städten werden zu hohe Schadstoff-Werte registriert. Selbst mit einem Diesel-Fahrverbot sei es schwer, die Grenzen einzuhalten.

Ein Diesel-Fahrverbot für nordrhein-westfälische Innenstädte scheint unvermeidlich. „Wir kommen wahrscheinlich nicht um Verbote bestimmter Fahrzeuge zu bestimmten Zeiten herum“, kündigte die Düsseldorfer Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher (CDU) an. Selbst mit einem Diesel-Fahrverbot werde es schwer werden, die Grenzwerte zum Beispiel in Düsseldorf einzuhalten. Dies werde zu Härten führen, besonders etwa bei Handwerkern, die ihren Fuhrpark für die vor einiger Zeit eingerichtete Umweltzone modernisiert haben.

Auch das Ruhrgebiet und weitere Städte wie Wuppertal könnten betroffen sein. An 60 von 127 Messstellen in NRW werden laut Bezirksregierung die nach EU-Recht zulässigen Jahresmittelwerte von 40 Mikrogramm des giftigen Reizgases Stickstoffdioxid derzeit nicht eingehalten. Größter Produzent des Schadstoffs ist demnach der Autoverkehr, wobei Diesel-Antriebe rund 80 Prozent beisteuern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lädt an diesem Dienstag zum zweiten Diesel-Gipfel ins Kanzleramt ein. Rund 30 Vertreter von Städten und Gemeinden werden zu Gast sein. Ziel der Veranstaltung ist es, Diesel-Fahrverbote unbedingt zu vermeiden. Bereits im September hatte der Bund einen Fonds in Aussicht gestellt. Ob es bei dem Gipfel zu einer Einigung kommt, ist offen. Einzelne Landesminister dämpften gestern Ihre Erwartungen an den Diesel-Gipfel.

Grenzwerte sollen möglichst schnell erreicht werden

Ein Entwurf für das entsprechende Eckpunktepapier jedenfalls ist bereits vorformuliert. In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, heißt es einleitend: „Pauschale Fahrverbote müssen vermieden werden.“ Gemeinsames Ziel sei es, dass die Grenzwerte möglichst schnell erreicht würden.

Das Programm mit dem Titel „Sofortprogramm Saubere Luft 2017 – 2020“ sieht laut dem Entwurf vor, dass leichte Nutzfahrzeuge, Taxis, Mietwagen, Busse und Carsharing-Autos elektrifiziert, Diesel-Busse mit Abgasnachbehandlungssystemen nachgerüstet und Verkehrssysteme wie Parkleit- und Fahrgastinfosysteme verbessert werden. Zudem soll es mehr Ladesäulen für Elektrofahrzeuge geben.

Dazu sollen Mittel von einer Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden, wie es in dem Papier heißt. 750 Millionen Euro davon steuere der Bund bei. Das Programm richte sich an alle Kommunen, in denen die Grenzwerte überschritten werden. Für Städte mit See- oder Binnenhäfen würden ergänzende Maßnahmen geprüft.

Hersteller sollen alle Kosten und Garantien tragen

Deutliche Forderungen kamen im Vorfeld von Grünen und Verbraucherschützern. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte unserer Redaktion, der Dieselgipfel dürfe „keine weitere Showveranstaltung“ werden. „Bislang gab es nur ein paar halbherzige und unzureichende Ankündigungen von Seiten der Bundesregierung“, sagte Hofreiter.

Der Grünen-Politiker mahnte konkrete Maßnahmen an. „Dazu zählt das Bereitstellen von Geldern für die betroffenen Kommunen, wirksame und von der Autoindustrie finanzierte Nachrüstungen für manipulierte Autos sowie die Einführung der blauen Plakette“, sagte Hofreiter.

Der oberste Verbraucherschützer Deutschlands, Klaus Müller, forderte: „Politik und Hersteller müssen endlich einen Gang höher schalten, wenn es darum geht, Fahrverbote für Dieselautos zu vermeiden“, sagte Müller. Dabei müssten die Hersteller ohne Wenn und Aber alle Kosten und Garantien tragen. Nicht die Verbraucher sollten die Zeche des Dieselskandals zahlen, sondern die Verursacher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort