Interview mit Alexander Gauland Der stellvertretende AfD-Chef rund um den Wahlkampf

Bonn · Alexander Gauland, stellvertretender AfD-Chef, über den Kurs der Partei und die Debatte um die Spitzenkandidatur.

 Wirft Frauke Petry vor, mit ihren Anträgen die Partei zu spalten: Alexander Gauland.

Wirft Frauke Petry vor, mit ihren Anträgen die Partei zu spalten: Alexander Gauland.

Foto: dpa

Herr Gauland, der AfD-Bundesvorstand ist vom Rückzieher der Parteivorsitzenden Frauke Petry bei der Spitzenkandidatur überrascht worden. Was sagt das über die Zusammenarbeit in der Führung aus?

Alexander Gauland: Das müssen Sie Frauke Petry fragen. Frau Petry ist nicht verpflichtet, mich vorher zu informieren. Ich hätte mir das natürlich gewünscht. Aber es geht auch so.

Was bedeutet das für den Parteitag? Werden Sie andere Kandidaten für die Spitzenkandidatur vorschlagen?

Gauland: Darüber wird der Parteitag befinden. Das kann nicht von mir oder irgendjemand anderem entschieden werden. Der Parteitag wird beschließen, ob er ein Spitzenteam will und wenn ja, wer dazugehört und aus wie vielen Mitgliedern es bestehen soll.

Halten Sie ein Spitzenteam für notwendig?

Gauland: Ich habe zusammen mit anderen Mitgliedern des Bundesvorstands immer deutlich gemacht, dass ein Spitzenteam sinnvoll ist. Die Mitglieder haben dies in einer Umfrage favorisiert. Insofern liege ich ganz auf der Linie der Partei: Ich glaube, dass ein Spitzenteam die Breite der Partei besser abbildet als ein einziger Kandidat.

Stehen Sie für solch ein Team zur Verfügung?

Gauland: Ja, das habe ich immer gesagt. Ich stehe für ein Spitzenteam zur Verfügung, aber nicht für eine Einzelkandidatur.

Die Vorsitzende Petry hat in ihrer Videobotschaft Vorwürfe erhoben, dass es zum Thema Spitzenkandidatur immer wieder Indiskretionen und Spekulationen von Führungsleuten der AfD gegeben habe. Ist die Kritik berechtigt?

Gauland: Da ich nicht weiß, wen und was Frau Petry meint, kann ich das nicht kommentieren. In politischen Gremien aller Parteien wird es immer wieder dazu kommen, dass kurz nach einer vertraulichen Sitzung Inhalte an die Medien gelangen. Das gehört halt zum politischen Geschäft. Ob es darüber hinaus Vorwürfe gibt, weiß ich nicht. Frauke Petry hat mir dazu nichts gesagt.

In den Umfragen ist die AfD gesunken. Was verschreckt die Wähler mehr – der Streit um den Umgang mit dem AfD-Rechtsaußen Björn Höcke oder der Richtungsstreit in der Führung?

Gauland: Die Wähler verschreckt, dass wir uns in der Frage, wie man mit der Rede von Björn Höcke umgeht, nicht einig sind. Das Parteiausschlussverfahren habe ich immer für einen Fehler gehalten. Deshalb kann ich die Wähler auch verstehen, die uns das zum Vorwurf machen.

Viele verschreckt, dass Äußerungen wie die vom Mahnmal der Schande überhaupt möglich sind.

Gauland: Ich wüsste nicht, was in Höckes Dresdner Rede die Leute verschrecken sollte. Herr Höcke hat mehrfach erklärt, wie er das gemeint hat. Warum haben dieselben Leute, die jetzt aufschreien, 1998 kein Erschrecken gezeigt, als das der frühere Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein gesagt hat? Augstein hat genau dasselbe gesagt, sogar in schärferer Form. Er sprach von New Yorker Rechtsanwälten, denen zuliebe das Mahnmal entstanden ist. So würde das Herr Höcke nie sagen. Es kann aber nicht sein, dass etwas, was im „Spiegel“ stand, ganz normal ist. Wenn sich aber Herr Höcke ähnlich äußert, ist der Aufschrei groß.

Der Bremer Landesverband fordert, die Einleitung des Parteiausschlussverfahrens gegen Höcke zu stoppen. Was halten Sie davon?

Gauland: Die Landesvorsitzenden haben sich klar positioniert und gesagt, das sollen jetzt die Schiedsgerichte entscheiden. Ich habe aber nie ein Hehl daraus gemacht, dass ich das Ausschlussverfahren gegen Herrn Höcke von Anfang an für falsch gehalten habe. Da werde ich nicht plötzlich anderer Meinung sein, wenn der Bremer Landesverband solch einen Antrag einbringt.

Das heißt, Sie würden für den Antrag auf Aussetzung des Parteiausschlussverfahrens stimmen?

Gauland: Wenn es zur Abstimmung kommt, würde ich den Antrag unterstützen.

Wieder einmal soll es beim Parteitag in Köln um Richtungsentscheidungen gehen. Die Bundesvorsitzende Frauke Petry will die AfD als realpolitische Kraft positionieren, die auch Bündnisse mit anderen Parteien eingeht. Petry fordert ein Ende der Protestpartei. Was sagen Sie dazu?

Gauland: Ich halte das für eine sinnlose Spaltung. Ich habe nie eine Fundamentalopposition gefordert, wie mir das Frauke Petry unterstellt. Ich weiß gar nicht, wie Petry zu diesem Schluss kommt. Die AfD in den Landesparlamenten von Brandenburg, Sachsen oder Thüringen bearbeitet ähnliche Themen. Ich habe nie gehört, dass wir in Brandenburg eine andere Oppositionspolitik machen als Frau Petry in Sachsen. Den Vorwurf der Fundamentalopposition halte ich für eine Luftnummer. Damit wird der Eindruck von einer Spaltung in der Partei erzeugt, die es nicht gibt.

Sie haben einmal gesagt, die AfD werde in den nächsten Jahren keine Regierungskoalition mit anderen Parteien eingehen. Gilt das noch?

Gauland: Ja, natürlich. Auch Frauke Petry will erst eine Koalition eingehen, wenn die AfD die stärkere Kraft ist. Das unterscheidet uns beide nicht voneinander. In der nächsten Zeit ist aber nicht damit zu rechnen, dass wir aus der Opposition in Regierungsverantwortung kommen. Ich habe meine Partei immer davor gewarnt zu glauben, als kleinerer Partner könne man in einer Koalition mit der CDU etwas bewegen.

Warum löst der Antrag von Frau Petry so viel Unruhe aus?

Gauland: Der Antrag ist insofern ein Problem, weil er unsere Partei spaltet. Wenn ich einen Graben aufreiße, den es nicht gibt, dann ist das spalterisch. Solche Vorstöße bringen die Partei nicht weiter. Es gibt bei uns Stimmen, die fordern, den Antrag wieder von der Agenda zu nehmen. Das wäre eine kluge Entscheidung.

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