Mögliches Kabinett Das sollen Angela Merkels Minister werden

Berlin · Deutlich verjüngt und mehr Frauen: Die Ministerriege der CDU für eine mögliche Neuauflage der großen Koalition steht. Anja Karliczek als neue Bildungsministerin ist die große Überraschung für das neue Kabinett.

Von der alten CDU-Mannschaft in Merkels Kabinett wird nur Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen auf ihrem Posten bleiben. Alle anderen Köpfe sind neu oder zumindest mit einer neuen Aufgabe betraut. Die Mannschaft hat sich deutlich verjüngt und ist weiblicher geworden. Sechs Ministerposten hat die CDU zu vergeben, falls die SPD-Mitglieder einer Groko zustimmen. Auch drei andere Personalien wurden bekannt:

Der Kritiker, Jens Spahn

Um keine Personalie gab es so viele Debatten wie um Merkels bekanntesten Kritiker. Der 37-jährige Westfale hat sich immer wieder mit scharfen Forderungen in der Integrationsdebatte profiliert. 2016 in Essen stimmte er im offenen Kampf gegen Merkel den Parteitag um und führte einen Beschluss gegen die doppelte Staatsbürgerschaft herbei. In finanz- und sozialpolitischen Fragen ist der gelernte Bankkaufmann beim Wirtschaftsflügel der CDU zu verorten. Liberal ist die Haltung des bekennenden homosexuellen Spahn in der Frage der „Ehe für alle“. Anders als die Mehrheit der Union stimmte er im Bundestag für das Gesetz. Inhaltlich hat sich Spahn zum Generalisten entwickelt. Der häufige Talkshow-Gast positioniert sich zu innen-, finanz-, wirtschafts-, sozial- und gesellschaftspolitischen Fragen. Es ist zu erwarten, dass Spahn sein Regierungsamt auch nutzen wird, um sein eigenes Profil weiter zu schärfen. Fachlich ist er für die Aufgabe qualifiziert. Von 2002 bis 2015 gehörte er zu den gesundheitspolitischen Fachleuten seiner Fraktion. Vor vier Jahren handelte er für dieses Thema den Koalitionsvertrag mit aus.

Die Neue, Anja Karliczek

Anja wer? Das war am Sonntagnachmittag die meist gestellte Frage im Berliner Regierungsviertel. Die 46-Jährige ist als neue Bildungsministerin die große Überraschung für Merkels Kabinett. Sie kommt aus dem Wahlkreis Steinfurt und ist damit die zweite Ministerin aus NRW, genauer aus Westfalen. Bislang ist sie Parlamentsgeschäftsführerin der Unionsfraktion und politisch im Wirtschaftsflügel der Partei verankert. Die Diplom-Kauffrau stammt aus einer Hotelier-Familie. Fachpolitisch hatte sie mit dem Thema Bildung bislang nicht sehr viel zu tun gehabt. Sie ist Mitglied im Finanzausschuss. Das Thema Bildung kennt sie aber aus privater Anschauung: Karliczek ist Mutter von drei Kindern und war auch Ausbilderin im familieneigenen Betrieb.

Die Allzweckwaffe, Peter Altmaier

Der 59-jährige Saarländer hat vier Jahre lang für Merkel die Kartoffeln aus dem Feuer geholt. Jetzt wird er mit dem Job des Wirtschaftsministers belohnt. Zwischenzeitlich hatte Altmaier gleich drei Jobs: Kanzleramtsminister, Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung und Wahlkampfmanager der CDU. Dabei ist schon allein das Amt des Kanzleramtsministers enorm aufreibend. Bevor der vielsprachige Altmaier Kanzleramtsminister wurde, war der Jurist Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion und Umweltminister. Ihm fällt auch der schwierige Bereich der Energiepolitik zu. Er wird die sich viel zu langsam vollziehende Energiewende vorantreiben müssen. Ob er vier Jahre im Amt bleibt, ist ungewiss. Altmaier wird auch als künftiger EU-Kommissar in der Nachfolge von Günter Oettinger gehandelt.

Der Organisator, Helge Braun

Bislang wirkte der 45-Jährige von der breiten Öffentlichkeit unbeachtet hinter den Kulissen des Berliner Politikbetriebs. Als Staatsminister im Kanzleramt war er Organisator und Seismograf für die Kanzlerin. Einen großen Teil von Altmaiers Flüchtlingskoordinatoren-Job übernahm er. Der gelernte Anästhesie-Arzt hat, was die Kanzlerin schätzt: Er ist schnell im Denken, fachlich versiert und sehr loyal. Während der Koalitionsverhandlungen leitete er gleich zwei Arbeitsgruppen: Die für Bildung und die für Arbeit und Digitales. Da das Mega-Thema Digitalisierung nicht eindeutig in der Regierungskompetenz verankert ist, wird es auf jeden Fall auf Braun zukommen.

Die Veteranin, Ursula von der Leyen

Viele Jahre wurde die 59-Jährige als Merkels Kronprinzessin gehandelt. Mit Annegret Kramp-Karrenbauer als neuer Generalsekretärin und Jens Spahn im Kabinett rückt sie in der Nachfolge-Debatte nach hinten. Zuletzt gab es sogar Gerüchte, sie könne ihren Job als Verteidigungsministerin verlieren. In der Bundeswehr gibt es immer noch Unmut über sie wegen ihres Umgangs mit Missständen in der Truppe. Zudem ist die untaugliche Ausrüstung der Bundeswehr ein Dauerthema. Merkel hält aber an der CDU-Vize-Chefin als Ministerin fest – wissend, dass auch ein Nachfolger die Probleme in der Truppe nicht in vier Jahren lösen kann.

Die Rückkehrerin, Julia Klöckner

2011 machte Julia Klöckner einen klaren Schnitt, legte das Amt der Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium nieder und ging nach Mainz, um in Rheinland-Pfalz die Landes-CDU von ihren internen Fehden zu befreien und Ministerpräsidentin zu werden. Den Landesverband bekam sie in den Griff. Das Amt der Ministerpräsidentin blieb ihr im Kampf gegen die beliebte Malu Dreyer verwehrt. Eine Ursache für die Wahlniederlage war die ungeklärte Position der Union in der Flüchtlingspolitik. Nun kehrt die Winzertochter mit unbekümmerter Ausstrahlung nach Berlin zurück. Fachlich beherrscht sie das Feld als frühere Staatssekretärin. Sie wird eher eine Ministerin sein, die bei den Bauern als bei den Umweltschützern Applaus bekommt. Der Name der 45-Jährigen ist auch schon häufig gefallen, wenn es um die Merkel-Nachfolge geht.

Die Forsche, Annette Widmann-Mauz

Die Baden-Württembergerin ist seit 2009 Parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium und soll nun Staatsministerin für Integration im Kanzleramt werden. In Tübingen wurde sie am 13. Juni 1966 geboren, in Balingen (Zollernalbkreis) ging sie zur Schule. Dort lebt sie bis heute mit ihrem Mann. 1998 zog sie in den Bundestag ein. Seit drei Jahren ist sie Bundesvorsitzende der Frauen Union. Widmann-Mauz gilt als durchsetzungsstark. Mit ihrer forschen und fordernden Art eckt sie aber auch an.

Die Kulturmanagerin, Monika Grütters

Die Kulturstaatsministerin hat schon vor der Wahl keinen Hehl daraus gemacht, dass sie gern wieder in ihr Büro im Kanzleramt einziehen würde. Dort ist sie seit 2013 im Rang einer Staatssekretärin für Kultur und Medien zuständig. Seit gut einem Jahr steht sie zudem an der Spitze der als besonders schwierig geltenden Berliner CDU. Die gebürtige Münsteranerin hat Germanistik und Kunstgeschichte studiert und arbeitete für verschiedene Wissenschafts-, Kunst- und Kulturinstitutionen. 1995 zog sie ins Berliner Abgeordnetenhaus ein, zehn Jahre später in den Bundestag. 2009 übernahm sie den Vorsitz im Kulturausschuss, ehe Kanzlerin Merkel sie zur obersten deutschen Kulturfrau berief.

Der Koordinator, Hendrik Hoppenstedt

Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Hendrik Hoppenstedt soll als Nachfolger für den künftigen Kanzleramtschef Helge Braun in der Regierungszentrale für die Bund-Länder-Zusammenarbeit zuständig sein. Er ist Jurist – das ist für seine künftige Arbeit als Koordinator wichtiger Regierungsprojekte wichtig.

(mit Material von dpa und AFP)

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