Porträt von Mister #NoGroko Das ist Juso-Chef Kevin Kühnert

BERLIN · Im Ringen um eine mögliche große Koalition ist Kevin Kühnert zum Gegenspieler für SPD-Chef Martin Schulz geworden. Ein genauerer Blick auf den Chef der Jusos.

Da steht er. Jeans, Turnschuhe, T-Shirt, die Arme in die Hüften gestützt, leichte Sturmfrisur. Links und rechts von Kevin Kühnert sind zwei Scheinwerfer-Reflektoren aufgebaut, die den Juso-Chef ins richtige Licht tauchen sollen. Alle Plätze im Kasino des Willy-Brandt-Hauses sind besetzt. Großer Medienauflauf für Mister #NoGroKo – drei Tage vor dem so wichtigen SPD-Sonderparteitag an diesem Sonntag in Bonn.

Der richtige Kontrast, der richtige Ton – das ist in diesen Wochen, da Kühnert zum bekanntesten und wohl auch gefährlichsten Gegenspieler von SPD-Chef Martin Schulz gewachsen ist, nicht ganz unbedeutend. Schulz erhofft sich von den Delegierten des SPD-Sonderparteitages ein Zeichen: grünes Licht für den Einstieg in Koalitionsverhandlungen über eine nächste Groko unter Angela Merkels Führung, dritte Auflage. Kühnert wiederum, 28 Jahre jung, offensiv, angriffslustig, mit ungebremster Lust an der Kontroverse, könnte, wenn er mit seiner „#NoGroko“-Kampagne durchdringt, Schulz, 61 Jahre alt, als SPD-Chef stürzen.

Wohlgemerkt: Das ist gar nicht Kühnerts Absicht. Der Juso-Chef will vor allem verhindern, dass die SPD sich vor lauter „Hasenfüßigkeit“ in eine nächste Groko flüchtet und dort „weiter verzwergt“. Ob Schulz im Falle einer Niederlage SPD-Chef bleiben könne? Kühnert: „Ja, das kann er ausdrücklich bleiben.“ Doch sollten die Delegierten des SPD-Sonderparteitages der eigenen Parteiführung am Sonntag tatsächlich den Einstieg in Koalitionsgespräche über eine nächste Groko versagen, sind für viele in der Partei Schulz' Tage unweigerlich gezielt.

Kühnert kämpft

Kühnert sagt: „Ich bin stolz auf diese Partei.“ Die Genossinnen und Genossen der SPD setzten sich „argumentativ, ruhig und besonnen miteinander auseinander“. Dass ihm Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles, einst selbst Juso-Chefin, aber vorwerfe, er, Kühnert, argumentiere bei seiner Kritik am Rentenkompromiss des Sondierungspapiers aus der vergangenen Woche „unsauber“, sei wiederum von Nahles nicht ganz sauber.

Kühnert: „Ich kann für mich und für uns ganz beruhigt festhalten, dass wir da mit uns im Reinen sind.“ Das Sondierungsergebnis von Union und SPD bei der Rente sei nun mal „kein großer Wurf“. Die Kontroverse offenbart: Im Willy-Brandt-Haus ringen die Truppen mit harten Bandagen – um den künftigen Kurs der SPD.

Kühnert kämpft. Schon beim SPD-Bundesparteitag im Dezember in Berlin war der Juso-Chef ans Mikrofon getreten und hatte betont: „Heute ist nicht der Tag der Stallorder. Heute ist der erste Tag der Erneuerung.“ Erneuerung in der Opposition – nicht in der nächsten Groko, hatte Kühnert gemeint.

Wie Schulz war auch der Juso-Chef viel unterwegs, um an der Basis für seine Mission zu werben: #NoGroko. Am vergangenen Wochenende sprach er beim Landesparteitag der SPD in Sachsen-Anhalt, danach ging es direkt weiter zur SPD nach Braunschweig. Am Dienstagabend diskutierte Kühnert, selbst Berliner, mit Mitgliedern des SPD-Ortsvereins in Berlin-Friedenau. Er weiß: „Egal, wie wir entscheiden, wir werden Menschen vor den Kopf stoßen.“ Er macht sich Mut , dass die von ihm mitangekurbelte Kampagne gegen den Einstieg in eine nächste Groko Erfolg haben kann. Ob er Druck von SPD-Vorderen bekommt, doch still zu halten, leiser zu treten? Kühnert: „Es gibt diesen internen Druck auf uns Jusos nicht.“ Kein Maulkorb. Gleich will er noch mit Martin Schulz reden – von Juso-Chef zu SPD-Chef. Wird schon werden mit der Partei. Irgendwie.

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