Parteien CDU und CSU attackieren Gabriel scharf

Berlin · Riesenkrach in der Koalition: Nachdem der SPD-Chef dem Partner Blockade in der Migrationspolitik vorgeworfen hat, keilt die Union zurück. Die CDU erinnert Gabriel im TTIP-Streit an seinen Amtseid.

 Gabriel hatte der Union vorgehalten, wesentliche Fortschritte in der Flüchtlingspolitik zu blockieren.

Gabriel hatte der Union vorgehalten, wesentliche Fortschritte in der Flüchtlingspolitik zu blockieren.

Foto: Markus Scholz/Archiv

In der schwarz-roten Koalition spitzt sich der Streit über den Kurs von SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik zu. Führende Vertreter von CDU und CSU wiesen Blockadevorwürfe Gabriels ungewöhnlich scharf zurück.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin, die Aussagen Gabriels zur Flüchtlingspolitik und zur inneren Sicherheit seien "nicht nur eine bodenlose Unverschämtheit, sondern in der Sache auch noch falsch".

Gabriel hatte der Union am Wochenende vorgehalten, wesentliche Fortschritte in der Flüchtlingspolitik und bei der Integration von Migranten zu blockieren.

Tauber sagte, der Eiertanz Gabriels zwischen Parteivorsitz und Wirtschaftsminister sei nur schwer erträglich. "Als Wirtschaftsminister muss man ihn daran erinnern, dass sein Amtseid dem deutschen Volk gilt, nicht der SPD oder gar der Parteilinken." Gabriel sei verpflichtet, für Arbeitsplätze zu streiten und für die Interessen deutscher Unternehmen. "Deswegen ist seine Haltung zum Freihandel und vor allem zu TTIP grundfalsch." Gabriel hatte das umstrittene geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA für quasi gescheitert erklärt.

Dass Gabriel "die Koordinaten als Wirtschaftsminister abhanden gekommen sind, hat man ja bereits bei seiner einsamen Entscheidung zur Fusion von Edeka und Tengelmann gesehen", sagte Tauber.

In der Flüchtlings- und Migrationspolitik wäre die Regierung mit ihren Maßnahmen etwa zu den Asylregelungen möglicherweise noch ein wenig schneller gewesen, "wenn die SPD uns nicht bei jeder Gelegenheit im Wege gestanden hätte", kritisierte Tauber. Gabriel könne nun in der Debatte über die Einstufung nordafrikanischer Staaten zu sicheren Herkunftsländern zeigen, ob er als Parteichef die SPD-Länder im Bundesrat zu einer Zustimmung bewegen könne.

Tauber hielt Gabriel vor, es sei schwer festzustellen, für was der SPD-Chef stehe. "Man kann nicht als erstes Pegida als Pack beschimpfen und dann hinfahren, um mit denen zu reden. Man kann nicht Nazis den Stinkefinger zeigen und dann Ressentiments wecken, indem man den Eindruck erweckt, es sei Ziel deutscher Politik, jedes Jahr eine Million Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen", sagte Tauber.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer warf Gabriel vor, in der Debatte um eine Obergrenze für Flüchtlinge Slalom zu fahren. "Im Gegensatz zum Schlingerkurs der SPD steht der klare Kurs der CSU: Die CSU ist schon immer für eine Obergrenze", sagte Scheuer der dpa. "Die CSU steht für die Umsetzung der Obergrenze bereit." CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt sagte, Gabriel habe offensichtlich den Sinn für die Realität verloren. "Ich erwarte von der SPD, dass sie nicht die Tatsachen verdreht, sondern sich konstruktiv an politischen Diskussionen beteiligt."

AfD-Vize Alexander Gauland hielt Gabriel vor, nachdem Wahlen bevorstünden und sich die SPD im freien Fall befinde, drehe jener sich um 180 Grad und rede selbst von einer Art Obergrenze für Flüchtlinge. "Derartiger Wahlkampfopportunismus ist beinahe unerträglich", Gabriel sei "an Unglaubwürdigkeit kaum zu überbieten".

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