Kommentar zu Ergebnissen der Ethik-Kommission Beim autonomen Fahren bleiben noch viele Fragen

Meinung · Die Ergebnisse der Ethik-Kommission sind wichtig und richtig. Das autonome Fahren hat viel Potenzial. Doch es bleiben viele Fragen, die auch in der Gesellschaft diskutiert werden müssen.

Deutschland ist eine Nation der Autofahrer, nicht der Mitfahrer. Das könnte sich schneller ändern als vielen lieb ist. Denn was vor einigen Jahren noch wie eine wilde Zukunftsvision anmutete, ist nicht mehr weit weg von der Serienreife. Das selbstständig fahrende Auto könnte schneller Realität werden als der Führerschein manch eines vermeintlichen Nachwuchs-Schumis.

Um so wichtiger sind nun die Resultate der Ethik-Kommission um den ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio. Schon allein die Besetzung des Gremiums, dem neben dem Juristen und Vertretern der Autoindustrie auch ein Philosoph, ein Theologe und ein Verbraucherschützer angehörten, zeigt: Dieses Thema ist komplex und muss von vielen Seiten beleuchtet werden. Denn wir haben es auf vielerlei Ebenen mit völlig neuen Herausforderungen und Fragestellungen zu tun, die die vom Trab langsam in den Galopp beschleunigende Digitalisierung mit sich bringt.

Die Zahl tödlicher Unfälle werde zurückgehen, verspricht uns die Industrie – weil deren Hauptursache, menschliches Versagen, ausgeschlossen werde. Befürworter träumen von weniger Verkehr ohne Staus, weniger Umweltbelastung und mehr Freizeit des Einzelnen.

Die Technik muss den Regeln folgen, nicht umgekehrt

Doch was ist der Preis? Wird jener Autohersteller am erfolgreichsten sein, der den verlockendsten Algorithmus anbietet – einen, der in brenzligen Situationen den Fahrer schützt und statt vor die Betonwand in die Seniorengruppe lenkt, um auszuweichen? Auf solche Fragestellungen hat die Ethik-Kommission eine klare Antwort gefunden: Es müssen rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, denen die Technik zu folgen hat – nicht umgekehrt.

Die Frage der Ethik spielt dabei eine wichtige Rolle. Kein Algorithmus kann eines der komplexen Ethik-Modelle, die die Menschheit hervorgebracht hat, in konkreten Situationen anwenden. Aber die Systeme müssen in ihrem Wesen so programmiert sein, dass sie das Menschenleben schützen.

Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen werden neu definiert werden müssen. Bisher haftet immer der Fahrer – doch im Gegensatz zu dem von einem Algorithmus gesteuerten Auto ist der Mensch eine natürliche Person. Falls also ein Unfall eindeutig auf das juristisch kaum greifbare autonome Fahrzeug zurückzuführen ist, muss der Hersteller haften.

Die Gesellschaft muss eine Haltung entwickeln

Es bleiben viele Fragen, etwa des Datenschutzes: Sollte ein System, das einmal den kompletten Verkehr überwachen könnte, immer wissen, wer sich wann wo aufhält? Oder der Sicherheit: Was passiert, wenn dieses System von Kriminellen gekapert wird, die die Steuerung übernehmen? Oder der Freiheitsrechte: Wird der Einzelne entmündigt, indem er keine Wahl hat, als dieses System zu nutzen, um sich fortzubewegen?

Die Arbeit der Ethik-Kommission ist wichtig, aber sie war erst der Anfang der Debatte. Sie muss in der Politik weitergehen – und in der ganzen Gesellschaft.

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