Kommentar zu Reichsbürgern Bedrohliches Symptom

Meinung | BONN · In Deutschland leben rund 15.600 sogenannte Reichsbürger. Unser Autor meint: Zumindest ein Teil von ihnen kann nicht als "harmlose Irre" abgetan werden.

Auch wenn es hier und da noch für Überraschungen sorgen mag: Das Deutsche Reich ist völkerrechtlich nicht untergegangen. Das ist aber auch schon der einzige Punkt, an dem sich die Thesen der so genannten Reichsbürger mit früheren Feststellungen von Bundesverfassungsgericht und Bundesregierung decken. Die Verfassungsorgane nämlich haben ebenfalls klargestellt, dass die Bundesrepublik mit dem Vorgängerstaat identisch ist. Schon an dieser Stelle bricht der theoretische Unterbau der randständigen Gruppe zusammen, derzufolge heute noch ein Deutsches Reich neben der Bundesrepublik existiere.

Die Szene scheint das nicht zu beeindrucken. Da werden Ausweise und Führerscheine gedruckt, Anordnungen erlassen und Staatsgrenzen gezogen. Reservekönige und Exzellenzen führen Amtsgeschäfte und Korrespondenz mit echten Staaten. Spätestens die tödlichen Schüsse eines „Reichsbürgers“ auf einen Polizisten in Franken haben gezeigt, dass zumindest ein gewaltbereiter Teil der fein verästelten und disparaten Szene nicht als „harmlose Irre“ abgetan werden kann. Insofern ist der Zuspruch, den sie offenbar erfährt, besorgniserregend.

Doch noch etwas anderes bereitet Sorge. Nämlich der tiefere Blick auf mögliche Ursachen für Symptome wie Salafisten, Rocker, kriminelle Clans, „Reichsbürger“, steigende Alltagskriminalität oder andere Formen der Fragmentierung. Ein Staat, in dem derlei skurrile Parallelwelten immer rasanter auf fruchtbaren Boden fallen, muss sich auch mit der Frage befassen, was die Gründe für diesen Legitimitätsverlust sind.

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