Anschlag in Ansbach Attentäter hatte möglicherweise Hintermann

Ansbach/Gmund · Handelte der Bombenattentäter von Ansbach im Auftrag der Terrormiliz IS? Mit irgendjemandem stand der Mann in Kontakt, und zwar bis unmittelbar vor der Explosion. Und: Ein Gutachter befürchtete schon vor eineinhalb Jahren einen „spektakulären“ Suizid des Syrers.

 Absperrband hängt in Ansbach rund um den Tatort.

Absperrband hängt in Ansbach rund um den Tatort.

Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Der Attentäter von Ansbach bekam wohl unmittelbar vor dem Bombenanschlag Anweisungen. Auf einem Handy des 27-Jährigen entdeckten die Ermittler Hinweise darauf, dass der Syrer in einem Chat beeinflusst wurde.

„Es hat offensichtlich einen unmittelbaren Kontakt mit jemandem gegeben, der maßgeblich auf dieses Attentatsgeschehen Einfluss genommen hat“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Mittwoch am Rande einer Kabinettsklausur am Tegernsee.

Der „intensive Chat“ endete demnach unmittelbar vor dem Attentat. Offen blieb am Mittwoch, ob tatsächlich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) dahintersteckt.

Ein psychologischer Gutachter hatte bei dem Syrer bereits Anfang 2015 einen aufsehenerregenden Suizid für möglich gehalten. Der Mann sei ein „extremer Geist“, und es sei ihm „durchaus zuzutrauen, dass er selbst seinen Selbstmord noch spektakulär in Szene setzt“, heißt es in einer Stellungnahme eines Therapeuten, die für das Asyl-Gerichtsverfahren des späteren Attentäters erstellt wurde. Und weiter: „Er hat nach dem Tod seiner Frau und seines sechs Monate alten Sohnes nichts mehr zu verlieren.“

Ein Sprecher des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Nürnberg bestätigte diesen Inhalt des Gutachtens, über das zuerst die „Bild“-Zeitung berichtet hatte. Der Syrer war wegen Depressionen und Suizidversuchen in psychiatrischer Behandlung.

Der 27-jährige Flüchtling aus Syrien hatte am Sonntagabend in der Nähe eines Musikfestes in der Ansbacher Innenstadt eine Bombe gezündet. Dabei wurden 15 Menschen verletzt. Der Täter selbst kam ums Leben. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen und prüft, ob der Mann Mitglied des IS war. Zum Stand der Ermittlungen wollte sich ein Sprecher der Behörde am Mittwoch nicht äußern. Nach Erkenntnissen der Ermittler legt ein Bekennervideo auf dem Handy des Mannes eine IS-Zugehörigkeit nahe.

Herrmann betonte, man wisse noch nicht, wo sich der Chat-Partner des Mannes aufgehalten habe - im Inland oder im Ausland. Auch, wie lange der Chat-Kontakt bereits bestand - Wochen, Monate oder gar noch länger, „noch bevor der Täter überhaupt nach Deutschland gekommen ist“ - sei noch unklar.

Auf Nachfragen, ob es sich um einen Kontakt zum IS gehandelt haben könnte oder ob der Attentäter möglicherweise sogar gezielt nach Deutschland eingeschleust wurde, konnte Herrmann nichts sagen: Dies sei Gegenstand der Ermittlungen. Aus dem Chat lasse sich lediglich entnehmen, „dass hier ein anderer Mensch ... schon ganz maßgeblichen Einfluss auf das Agieren dieses Täters genommen hat“.

Unklar ist derzeit auch noch, ob der Attentäter die Bombe tatsächlich zu diesem Zeitpunkt explodieren lassen wollte. Herrmann sagte: „Es gibt aufgrund der ganzen Zeugenaussagen des Geschehens und übrigens auch des Chat-Verlaufs in der Tat Fragen, ob das in dem Moment (...) von ihm beabsichtigt war, in dieser Minute die Bombe zu zünden.“

Bei dem 27-Jährigen wurde eine Rolle mit 50-Euro-Scheinen gefunden. „Woher das Geld kommt, können wir heute natürlich noch nicht sagen“, sagte Herrmann. Er fügte aber hinzu: „Wenn man diese Geldbeträge in bar gesehen hat, dann ist es unwahrscheinlich, dass das allein aus dem, was ein Asylbewerber in Deutschland als Taschengeld bekommt, bezahlt werden kann.“

Herrmann verwies zusätzlich auf die Kosten für die Materialien zum Bombenbau. Um wie viel Geld es sich handelte, sagte der CSU-Politiker nicht. (dpa)

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