Kommentar zum CDU-Parteitag Angela Merkels Neunte

Meinung | Essen · Merkel kann für sich in Anspruch nehmen, eine Ära zu prägen. Und sie bleibt auch im 17. Jahr als Parteichefin zentrale Figur und Machtzentrum der CDU. Ihre neunte Wahl zur Parteichefin könnte den schwierigsten Abschnitt ihrer Amtszeit einleiten.

 Entschlossen: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Entschlossen: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: AP

Vertrauen ist die Währung, in der Parteien ihre Vorsitzenden bezahlen. Die CDU hat Angela Merkel mit einem passabel gedeckten Vertrauensscheck in die nächsten zwei Jahre als Vorsitzende geschickt. Vor einem Jahr in Karlsruhe hat sich Merkel einstimmig die Zustimmung des Parteitages zu ihrer Flüchtlingspolitik abgeholt. Jetzt haben die Delegierten dieses Essener Parteitages Merkel mit einem Votum von 89,5 Prozent zwar einen Dämpfer verpasst. Gleichwohl schicken sie ihre Parteichefin immer noch ausreichend gestärkt in die Wahlauseinandersetzung des kommenden Jahres auch, weil sie wissen, dass es zu Merkel keine bessere Alternative gibt. Die Vorsitzende ist Frontfrau und Programm zugleich. Nach Lesart vieler Kritiker in der CDU verkörpert die Vorsitzende schon lange zu viel Mitte und zu wenig konservative Werte.

Merkel ist entschlossen, die Auseinandersetzung um Macht und Vormacht in diesem Land ein weiteres Mal zu führen. Die CDU-Vorsitzende geht ohne Koalitionsaussage in den politischen Wettstreit 2017 und will stattdessen wieder möglichst viele jener Menschen zurückgewinnen, die sich seit Jahren von der Politik der etablierten Parteien vergessen oder vernachlässigt fühlen. Ob dieser Vertrauensverlust innerhalb weniger Monate wieder gutgemacht werden kann, ist äußerst fraglich. Aber Merkel muss etwas gegen die rechtspopulistische Alternative für Deutschland setzen, die erfolgreich im Wählerpotenzial der Unionsparteien wildert.

Für das erklärte Ziel, die Union so stark zu machen, dass gegen CDU und CSU keine Regierung im Bund gebildet werden, braucht Merkel unweigerlich die Unterstützung der bayerischen Schwesterpartei. Das Verhältnis zwischen Merkel und dem ewig unberechenbaren Horst Seehofer gilt als maximal belastet, wenn nicht sogar als zerrüttet. Doch ihr politisches Ziel, das Land nicht einer möglichen rot-rot-grünen Koalition zu überlassen und die Alternative für Deutschland zurückzudrängen, zwingt sie auf einen gemeinsamen Kurs.

Wenn der CDU-Parteitag an diesem Mittwoch den Leitantrag des Bundesvorstandes verabschiedet, wird ein härterer Kurs in der Asylpolitik lesbar. Abgelehnte Asylbewerber sollen konsequenter abgeschoben werden. Die Devise, wer kein Bleiberecht hat, muss das Land schnell verlassen, trifft einen zentralen Punkt der CSU. Und auch mit der Ablehnung höherer Steuern schließt die CDU die Unionsreihen. Anfang Februar wollen CDU und CSU bei einer Klausur in München die Linie ihrer Gemeinsamkeiten neu abstecken.

Merkel kann für sich mittlerweile in Anspruch nehmen, eine Ära zu prägen. Und diese Zeit ist noch nicht zu Ende. Sie bleibt auch im 17. Jahr als Parteichefin zentrale Figur und Machtzentrum der CDU. Merkels neunte Wahl zur Parteichefin könnte den schwierigsten Abschnitt ihrer Amtszeit einleiten. Sie will nicht als Unvollendete in die Geschichte eingehen, eine Parteichefin und Kanzlerin, die am Ende dann doch nicht mehr gewollt war. Ihr bislang zweitschlechtestes Ergebnis bei ihrer Wahl zur CDU-Vorsitzenden ist immer noch komfortabel. Doch mehr denn je eint Merkel und die CDU eines: der Wille zum Machterhalt. Und der ist Programm.

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