Streit um Reformen Überalterung: Rentenkasse braucht viele Milliarden mehr

Berlin · Immer höhere Milliardenbeträge müssen in die Rentenversicherung fließen - auch ohne neue Reformen. Die Arbeitgeber warnen. Und auch die IG Metall macht sich Gedanken, wo das Geld herkommen soll.

 Senioren gehen gemeinsam spazieren.

Senioren gehen gemeinsam spazieren.

Foto: Patrick Seeger/Illustration

Mit Warnungen vor stark steigenden Milliardenkosten für die Alterssicherung heizen die Arbeitgeber die Rentendebatte an. Insgesamt kommen mit der Alterung der Gesellschaft künftig auf immer mehr Empfänger staatlicher und sozialer Leistungen immer weniger Beitragszahler.

Das geht aus aus einer in Berlin veröffentlichten Studie im Auftrag der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) hervor. Die IG Metall forderte andererseits die Koalition auf, dringend Schritte gegen drohende Altersarmut zu unternehmen.

Nach der vom Institut Prognos erstellten Studie ist derzeit die Gruppe der Nettozahler bei Sozialabgaben oder Steuern mit 56 Prozent noch in der Mehrheit. Doch ab 2020 gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer verstärkt in Rente. Gleichzeitig wachsen immer weniger Junge in die mittlere Altersgruppe nach. Im Jahr 2040 gehören laut Studie folglich nur noch 49 Prozent der Bevölkerung zu den Nettozahlern. Dann stünden 38,2 Millionen Nettozahler 41 Millionen Nettoempfängern gegenüber.

Würde es keine höheren Beitragssätze und Steuern geben als heute, hätten Bund, Länder, Kommunen und Sozialkassen laut Prognos-Studie 2040 ein Defizit von 144 Milliarden Euro. Allein zur Finanzierung der gesetzlichen Rente fehlten dann 83 Milliarden Euro. Höhere Beiträge hingegen brächten eine enorme Mehrbelastung der privaten Haushalte und Unternehmen.

Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte vor einer gewaltig wachsenden Belastung für die Rentenversicherung. "Jetzt darf nichts beschlossen werden, was künftig nicht bezahlt werden kann und die nächste Generation überfordert." Ängste zu schüren widerspriche auch den Fakten: "Die Renten werden weiterhin steigen."

Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) hatte angekündigt, im November ein Konzept für die Rente vorzulegen, in dem auch eine "Haltelinie" für das sinkende Rentenniveau definiert sein soll. An diesem Freitag wollen die Spitzen von CDU und CSU ihre Marschrichtung in interner Sitzung in Berlin diskutieren.

Die IG Metall forderte eine breite gesellschaftliche Debatte über mehr Geld für die Rente. Es müsse diskutiert werden, was der Gesellschaft eine Stabilisierung der Rente wert sei, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann. Auch die eigenen Mitglieder würden gefragt, ob sie bereit seien, mehr zur Stabilisierung der Rente beizutragen. Dies werde eines von mehreren Themen einer großen Mitgliederbefragung im Januar und Februar sein. Hofmann warnte vor Altersarmut: "Das trifft unmittelbar die Mitte der Gesellschaft."

Der Geschäftsführer des Metall-Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Oliver Zander, warf der Gewerkschaft einen "politischen Totalausfall" vor. "Die Demografie erzwingt andere Antworten als weitere Leistungsausweitungen und ständige Beitragssteigerungen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Sozialpolitik ist im 21. Jahrhundert vor allem Bildungspolitik. Dafür muss der Staat Geld ausgeben und nicht für teure Rentengeschenke."

Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) rechnete am Donnerstag vor, dass Senioren heute wesentlich länger Rente beziehen als früher. Heutige Neurentner könnten mit Bezügen für 19,9 Jahre rechnen. 1970 seien es nur 13,9 Jahre gewesen.

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