Kommentar zur Wahl in Schleswig-Holstein Albigs Niederlage

Meinung · Der Außenseitersieg von Daniel Günther in Schleswig-Holstein ist für die SPD und ihren ewig selbstgewissen Ministerpräsidenten Torsten Albig eine ganz besonders bittere Niederlage. Neben Günther sind auch der Grüne Robert Habeck und FDP-Mann Wolfgang Kubicki Wahlgewinner.

 Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD,links) und der CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther nach der Wahl in einem Fernsehstudio.

Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD,links) und der CDU-Spitzenkandidat Daniel Günther nach der Wahl in einem Fernsehstudio.

Foto: dpa

Der Wahlsieger in Schleswig-Holstein war noch vor wenigen Wochen höchstens Insidern ein Begriff. Er war in seiner intrigenverseuchten Partei eher der Verlegenheitskandidat. Aber Daniel Günther hat sich gegen jede Erwartung durchgesetzt. Das ist für die SPD und ihren ewig selbstgewissen Ministerpräsidenten Torsten Albig eine ganz besonders bittere Niederlage. Er hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er alle anderen in der Landespolitik für schwache Gegner hielt.

Die Niederlage ist vor allem seine ganz persönliche, denn es waren nicht zuletzt die unklugen Interviewäußerungen über seine gescheiterte Ehe, die ihn kurz vor der Wahl noch ins Hintertreffen brachten. Es war seine jahrelange unverhohlene Unlust, sich mit den Niederungen der Landespolitik zu beschäftigen, seine Politik im Land auch zu erklären.

Das Alltagsgeschäft ruhte stark auf den Schultern seines Fraktionschefs Ralf Stegner, der zwar ein guter Politiker, aber kein populärer Mensch ist. Wer solche Fehler macht, den schützt kein Amtsbonus und den rettet auch ein Schulz-Effekt nicht. Die SPD muss nach dem Saarland bereits die zweite Niederlage einstecken und damit endlich einsehen, dass es diesen Effekt gar nicht gibt.

Wenn die Partei mit ihrem neuen Spitzenmann noch etwas bewegen will, dann muss Martin Schulz endlich klarmachen, was er denn jenseits guter Stimmung in der SPD zu bieten hat. Das müssen vor allem seine potenziellen Wähler endlich wissen, weil denen das vage Gerede über soziale Gerechtigkeit offenbar nicht genügt.

Die Strategie der Genossen, vor den Landtagswahlen im Mai lieber gar nichts und vor allem nichts Konkretes zu sagen, geht offenbar nicht auf. Wie wichtig überzeugende Spitzenleute sind, zeigen FDP und Grüne. Wolfgang Kubicki holt die FDP aus dem Tief und Robert Habeck von den Grünen hält gegen jeden Bundestrend sein gutes Ergebnis von 2012. Er überzeugt ganz persönlich.

Beide sind kluge Pragmatiker. Sie wissen, dass es jetzt auf sie ankommt, wenn eine Regierung gebildet werden muss. Es wäre eine Überraschung, wenn sie sich diese Chance entgehen ließen, denn eine große Koalition ist kaum vorstellbar, solange Ralf Stegner bei der SPD an der Kieler Förde mitmischt.

Sorgen machen muss sich auch die Linke. Sie hat es schwer, wenn die SPD sich nach links orientiert, wie es in Schleswig-Holstein ohnehin Tradition ist. Ihr fehlen die eigenen Themen. Die AfD hat es ebenfalls schwer, wenn sie nicht von polarisierenden Auseinandersetzungen getragen wird. Die neue Partei scheint sich am rechten Rand des Spektrums zwar zu etablieren.

Im Norden wie auch im Saarland sind die Ergebnisse aber so knapp, dass sie es schwer haben wird, sich zu behaupten. Das wird auch für Nordrhein-Westfalen gelten. Die demokratischen Parteien der Mitte sind stark genug, die Auseinandersetzung erfolgreich zu führen. Sie profitieren von steigender Wahlbeteiligung. Das ist für alle Demokraten eine sehr gute Nachricht.

Für die Bundestagswahl im September ist daher letztlich alles offen. Angela Merkel hat gute Aussichten, es noch einmal ins Kanzleramt zu schaffen, denn die CDU kommt einen deutlichen Schritt aus der Krise. Für die SPD ist der Weg ins Kanzleramt weiter, als sie geglaubt hat. Ein spannender Wahlherbst steht vor der Tür.

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