Wolfgang Bosbach im Porträt Abgang eines Unbequemen: Bosbach verlässt die politische Bühne

Berlin · Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach war während seiner gesamten Karriere ein Querdenker, der sich und andere herausforderte. Ab 2017 will er nicht mehr im Bundestag sitzen.

Ein Original verlässt die politische Bühne. Nach 22 Jahren im Bundestag hat sich Wolfgang Bosbach jetzt entschlossen, bei der Bundestagswahl 2017 für keine siebte Legislaturperiode mehr zu kandidieren. Die Gründe für den Verzicht des überzeugten Parlamentariers und versierten Innenpolitikers sind vielschichtig.

„Es gibt nicht einen überragenden Grund, es gibt ein ganzes Bündel von Gründen“, sagte Bosbach dem General-Anzeiger. Er räumt dabei auch eine gewisse Entfremdung zwischen seinen politischen Überzeugungen und dem Kurs seiner Partei ein. „In einigen wichtigen politischen Fragen kann ich die Politik der CDU nicht mehr aus voller Überzeugung vertreten, jedenfalls nicht mehr mit der Überzeugung, die ich haben müsste, wenn ich noch einmal für die CDU antreten würde.“ Bosbach ist meinungsstark und unbequem. „Rebell“ oder „Querdenker“ sind Attribute, die ihm die Medien zuschreiben.

Unter anderem lehnt Bosbach bis heute den Kurs von CDU-Chefin Angela Merkel bei der Euro-Rettung und der Staatsschuldenkrise Griechenlands sowie in der Flüchtlingspolitik ab. Vor allem der schleichende Prozess von einer Währungsunion hin zu einer Haftungsunion ist aus Sicht des CDU-Politikers aus Bergisch Gladbach falsch. Konsens sei bis dato immer gewesen: „Kein Land haftet für die Verbindlichkeiten eines anderen Staates.“

Und auch in der Flüchtlingspolitik hat Bosbach immer wieder kritisiert, dass Hunderttausende Flüchtlinge „ohne Papiere in das Land gelassen“ worden seien – „mit völlig ungeklärter Identität, mit völlig ungeklärter Nationalität“. Es gehe dabei weniger um die Zahl der Menschen, die das Land aufgenommen habe, sondern um Sicherheitsaspekte. Er beklagt dabei unter anderem einen „Kontrollverlust“ des Staates.

Bosbach, der vor 44 Jahren in die CDU eintrat, äußert dabei volles Verständnis, dass die Partei- und Fraktionsführung von ihren gewählten Abgeordneten Solidarität und Loyalität erwarte. „Aber ich lasse mich nicht verbiegen, ich werde nicht gegen meine Überzeugung argumentieren oder im Deutschen Bundestag abstimmen“, sagte Bosbach weiter.

Der an Krebs erkrankte Politiker verwies dabei auch auf seine angeschlagene Gesundheit. Schon kommende Woche müsse er wieder ins Krankenhaus. „Wenn man merkt, dass die Kraft nachlässt, dann muss man sich sehr gut überlegen, wofür man die Kraft einsetzt. Und dann möchte ich mich nicht regelmäßig an der Partei aufreiben.“ Vor vier Jahren hatte der Vater von drei erwachsenen Töchtern seine Krebserkrankung öffentlich gemacht.

Der 64-jährige Bosbach hat in sechs Legislaturperioden im Bundestag Höhen und Tiefen erlebt. Sternstunde für ihn war nach eigenen Worten sein Abschneiden bei der Bundestagswahl 2013, als er seinen Wahlkreis (Rheinisch-Bergischer Kreis) mit 58,5 Prozent der Erststimmen souverän gewann.

Vor allem aber: Es sei „die größte Differenz zwischen Erst- und Zweitstimmen“ eines CDU-Kandidaten in Deutschland gewesen. Es habe also Tausende gegeben, die nicht CDU, aber den Kandidaten Bosbach gewählt hätten. Bedauerlich findet Bosbach, dass es in den 22 Jahren Bundestag nicht gelungen sei, eine Steuerreform auf den Weg zu bringen, „die diesen Namen wirklich verdient: einfacher, transparenter, gerechter“.

Jetzt plant Bosbach, Freund des Karnevals und in der Hospizbewegung aktiv, ein Leben nach dem Bundestag. „Ich fahre im Grunde seit 30 Jahren auf der Überholspur“, hat er einmal gesagt. Das soll sich nun ändern.

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