GA-Interview mit Umwelt-Staatssekretär Flasbarth „Ziel ist, den Laden zusammenzuhalten“

Berlin · Jochen Flasbarth, Umwelt-Staatssekretär, spricht mit GA-Korrespondent Holger Möhle über Donald Trump, die Fidschi-Inseln und die Weltklimakonferenz in Bonn.

 Jochen Flasbarth ist Staatssekretär im Umweltministerium.

Jochen Flasbarth ist Staatssekretär im Umweltministerium.

Foto: picture alliance / dpa

Herr Flasbarth, die Republik Fidschi hat die Präsidentschaft der 23. Weltklimakonferenz, muss diese aber aus organisatorischen Gründen in Bonn, dem Sitz des UN-Klimasekretariats, ausrichten. Sie haben gerade eine Delegation aus Fidschi zu Gast. Was sind deren größte Sorgen?

Jochen Flasbarth: Fidschi teilt ein solches Organisationsproblem mit vielen anderen Ländern der Welt. Die Weltklimakonferenzen sind so groß geworden, dass sie viele Staaten logistisch schlicht überfordern. Die Republik Fidschi ist ein kleiner Staat mit ungefähr einer Million Einwohner und einem entsprechend kleinen Regierungsapparat. Eine Konferenz mit schätzungsweise 25 000 Teilnehmern aus aller Welt ist da eine riesige Herausforderung.

Fidschi und Bonn – was geht da zusammen?

Flasbarth: Eine ganze Menge! Bonn ist als wachsender UN-Standort und Stadt internationaler Konferenzen ein absolut geeigneter Ort, diese UN-Klimakonferenz unter der Präsidentschaft von Fidschi auszurichten. Die Bundesregierung bietet Fidschi und dem UN-Klimasekretariat organisatorische, logistische und finanzielle Hilfe an, ohne sich Zuständigkeiten anzumaßen. Die Sorge eines kleinen Landes könnte ja sein, da kommt das große Deutschland und überstrahlt alles. Das wollen wir explizit nicht. Mein Eindruck ist: Das hat die Delegation aus Fidschi auch so verstanden.

Welches Gewicht kann die Präsidentschaft eines kleinen Inselstaates im häufig dissonanten Konzert der Weltgemeinschaft einbringen?

Flasbarth: Fidschi gehört zu der Staatengruppe der kleinen Inseln im Südpazifik, die vom Klimawandel besonders drastisch und akut betroffen sind. Diese Symbolkraft und die besondere Situation gibt Fidschi bei diesem Thema eine enorme Autorität. Das ist durchaus eine Chance, den Klimaprozess voranzubringen, gerade in Zeiten, da wir nicht wissen, wie sich die USA als weltweit zweitgrößter Emittent von Treibhausgasen verhalten.

Was denkt man in Fidschi über einen US-Präsidenten, der den Klimawandel leugnet?

Flasbarth: Ich habe meine Kollegen aus Fidschi dazu nicht explizit befragt. Klar ist: Wir teilen die Sorge, dass sich die USA aus dem internationalen Klimaprozess zurückziehen könnten. Wir sagen aber auch: Man sollte den Austritt der USA aus dem Weltklimavertrag nicht herbeireden. Es ist gute Tradition demokratischer Staaten, dass sie völkerrechtlich bindende Verträge, die die Vorgängerregierung geschlossen hat, nicht kündigt. Und darauf setzen wir.

Wäre es schon ein Erfolg, wenn sich die USA von dem beim Weltklimagipfel in Paris vereinbarten Ziel nicht verabschieden würden, die Erderwärmung in diesem Jahrhundert auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen?

Flasbarth: Ja, das wäre ganz sicher schon ein Erfolg. Wir werden in Vorbereitung des G20-Gipfels in Juli in Hamburg, wo der Klimawandel gleichfalls Thema sein wird, sehen, wohin die Reise geht. Wenn wir bei der Konferenz in Bonn den im Dezember 2015 in Paris erreichten Status Quo halten, also den dort erzielten verbindlichen Weltklimavertrag verteidigen, wäre schon viel gewonnen. Ich bin im Moment eher optimistisch, dass die USA weiter zum Weltklimavertrag stehen werden.

Wie ist dann der Fahrplan für die Weltklimakonferenz im November in Bonn – den USA möglichst nichts Neues abverlangen, damit sie wenigstens beim einmal Erreichten bleiben?

Flasbarth: Es wird in Bonn nicht darum gehen, neue Ziele zu beschließen. Wir haben es in Paris erstmals seit Jahrzehnten geschafft, dass alle Staaten diesen Klimavertrag unterzeichnet haben. Deshalb ist es unsere oberste Ambition, den Laden zusammenzuhalten. Bislang haben wir nach Gesprächen mit den Regierungen vieler Länder den Eindruck, dass sich nun alle auf die Reise machen, die Pariser Vereinbarung auch tatsächlich umzusetzen.

Was wissen die Fidschianer heute von Bonn?

Flasbarth: Die Delegation aus Fidschi war drei Tage in Bonn und hat nun ein ungeschminktes Bild vom Klima am Rhein außerhalb des Hochsommers. Im Ernst: Sie waren enthusiastisch über die Möglichkeiten, die Bonn als UN-Stadt bietet. Wir werden bei der Konferenz im November eine Verhandlungszone rund um das WCCB haben. Und wir werden in der Rheinaue viel Platz für eine große Klimaschutz-Messe haben – mit inhaltlich spannenden Veranstaltungen, kulturellen Darbietungen, aber auch mit Auftritten hochrangiger Politiker.

Kritiker bemängeln schon heute die hohen Kosten des Gipfels.

Flasbarth: Aus dem Bundeshaushalt stehen für die UN-Klimakonferenz in Bonn rund 70 Millionen Euro zur Verfügung – in den Etats von Bundesumweltministerium und Auswärtigem Amt. Das ist nicht wenig, aber sinnvoll angelegtes Geld. Der UN-Klimagipfel ist der Platz, an dem sich die gesamte Weltgemeinschaft trifft. Es geht um unsere Lebensgrundlagen. Und für Bonn ist es ein hervorragendes Investment, das die Bundesregierung hier schafft. Das Geld wird ja vorwiegend in der Region ausgegeben. Wir holen im Laufe der zweiwöchigen Konferenz 25 000 Menschen in die Stadt.

Schafft die UN-Klimakonferenz auch neue Chancen, weitere UN-Sekretariate nach Bonn zu holen?

Flasbarth: Es ist und bleibt erklärtes Ziel der Bundesregierung, Bonn als internationalen Standort weiter zu stärken. Wir wollen gerne weitere UN-Organisationen ansiedeln, aber wir wollen auch andere internationale Organisationen, die nicht UN-Status haben, an den Rhein holen. Ein kleiner, aber wichtiger Schritt dabei ist, dass Deutschland die Weltnaturschutzunion (IUCN) mit einem neuen Rechtsstatus als zwischenstaatliche Organisation aufwertet und wir so ihren Wegzug aus Bonn, der gedroht hätte, abwenden können. Am vergangenen Freitag hat auch der Bundesrat diesem neuen Rechtsstatus für die IUCN zugestimmt. Das hat eine enorme Strahlkraft nach außen, wenn wir andere internationale Organisationen anlocken wollen. Die Klimakonferenz bietet nun hervorragende Möglichkeiten für Bonn, sich als attraktiver UN-Standort – auch für große UN-Konferenzen – zu präsentieren.

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