Die NRW-SPD und das Freihandelsabkommen „TTIP ist ein totes Pferd“

Berlin · Der SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer, räumt dem Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA keine Chancen mehr ein.

 Der starke SPD-Landesverband NRW unter Nobert Römer stimmt TTIP nicht zu – eine Vorentscheidung über den Umgang der großen Koalition mit dem Abkommen.

Der starke SPD-Landesverband NRW unter Nobert Römer stimmt TTIP nicht zu – eine Vorentscheidung über den Umgang der großen Koalition mit dem Abkommen.

Foto: dpa

In der SPD wird das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA endgültig abgeschrieben. Der Landesverband Nordrhein-Westfalen, der mächtigste in der Partei, räumt den Verhandlungen, die derzeit in Brüssel fortgeführt werden, keinerlei Chancen mehr ein. „TTIP ist für die nordrhein-westfälische SPD ein totes Pferd“, sagte der SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Norbert Römer in Berlin.

Auch der Chef der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post, senkt den Daumen: „Aus meiner Sicht ist TTIP tot, das kommt weder vor, noch nach der Bundestagswahl“, so Post.

Beiden darf unterstellt werden, im Namen von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu sprechen. Römer zählt zu ihren engsten Vertrauten. Auch Post verfügt über einen direkten Draht zur SPD-Landeschefin. Ihre Position ist in der SPD derzeit auch deshalb so stark, weil die stellvertretende Bundesvorsitzende kurz vor der Bundestagswahl eine Landtagswahl bestehen muss, deren Ausgang für die gesamte Partei von existenzieller Bedeutung ist.

Mit der Entscheidung der SPD in Nordrhein-Westfalen ist deshalb auch eine Vorentscheidung über den Umgang der großen Koalition mit TTIP gefallen. Die SPD wird einem Abkommen, das ist so gut wie sicher, nicht zustimmen.

TTIP war in der SPD schon immer extrem umstritten. Parteichef Sigmar Gabriel hatte dennoch als Wirtschaftsminister der großen Koalition zunächst massiv für ein solches Handelsabkommen geworben, weil nur so die hohen europäischen Standards gesichert werden könnten.

Sollte TTIP scheitern, so Gabriels Argumentation, würden sich die USA endgültig in ihren Handelsbeziehungen dem asiatisch-pazifischen Raum zuwenden, was dann europäische Standards erst recht gefährden würde. Kritiker in Deutschland nannte Gabriel noch im Januar 2015 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos „reich und hysterisch“.

Gleichwohl rangen ihm seine Partei und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) im Herbst 2014 „rote Linien“ ab, die nicht überschritten werden dürften. Außerdem sagte er damals zu, die SPD über Verhandlungsergebnisse abstimmen zu lassen. Seitdem wurde die Kritik an TTIP in der SPD - auch wegen der massiven öffentlichen Proteste – immer lauter.

Nach dem Bundesparteitag im vergangenen Dezember, auf dem er letztmals für TTIP eintrat und unter anderem auch deshalb mit einem sehr schlechten Wahlergebnis abgestraft wurde, passte Gabriel seine Haltung zu TTIP immer mehr der Stimmungslage in der Partei an.

Seitdem kritisiert auch er die USA, sich in den Verhandlungen nicht zu bewegen. Ende Mai sagte Gabriel, ein schlechtes Abkommen werde die SPD nicht akzeptieren.

Sollte es bei den „intransparenten privaten Schiedsgerichten“ bleiben, werde er „keiner Vereinbarung zustimmen“. Er warf zugleich Kanzlerin Angela Merkel „unnötige Eile“ vor, weil diese beim Besuch des US-Präsidenten Barack Obama anlässlich der Hannover Messe im April eine Einigung noch in diesem Jahr in Aussicht stellte.

Gabriel wollte sich trotz des finalen Urteils der NRW-SPD zu TTIP an diesem Mittwoch noch nicht endgültig festlegen. Er habe zuletzt zwar schon mehrfach gesagt, dass die Verhandlungen nicht vorankämen. Allerdings wolle er nicht vor dem Ende der aktuellen Verhandlungsrunde in Brüssel urteilen.

„Ich schlage vor, mit einer endgültigen Bewertung warten wir diese Woche noch ab“, sagte Gabriel. Umstritten ist in der SPD auch das Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (Ceta), das bereits ausverhandelt ist. Gabriel befürwortet Ceta noch immer, weil Kanada den Europäern weit entgegengekommen sei. Teile der Parteilinken lehnen aber auch Ceta ab.

Auf einem Parteikonvent am 19. September will die SPD nun über Ceta entscheiden und damit wohl auch über die Zukunft des Wirtschaftsministers. Die mächtige NRW-SPD weiß Gabriel auf dem Konvent in Sachen Ceta hinter sich. „Ceta ist eine andere Situation“, sagte der Düsseldorfer Fraktionschef Römer.

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