Interview mit Joachim Hermann „Flüchtlinge nach Afrika zurückbringen“

Joachim Herrmann, Bayerns Innenminister und CSU-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl, über die Sicherung der EU-Außengrenzen, Schwarz-Gelb und Angela Merkel.

 Will aus dem bayerischen Landtag und der Staatsregierung in den Bundestag und vielleicht in die Bundesregierung wechseln: Joachim Herrmann. Links: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer.

Will aus dem bayerischen Landtag und der Staatsregierung in den Bundestag und vielleicht in die Bundesregierung wechseln: Joachim Herrmann. Links: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer.

Foto: dpa

Viele Landespolitiker empfinden die politischen Gepflogenheiten in der Bundeshauptstadt als befremdlich. Geht Ihnen das auch so?

Joachim Herrmann: Berlin hat seinen eigenen Stil. Wer hier agieren will, muss sich darauf einstellen. Das kann ich.

2011 hätten Sie Bundesinnenminister werden können. Da wollten Sie nicht. Sieht das jetzt anders aus?

Herrmann: Nach dem Rücktritt von Karl Theodor zu Guttenberg kam das für mich überraschend. Dass ich nicht nach Berlin gegangen bin, hatte private Gründe. Zudem verfügte ich über kein Bundestagsmandat. Jetzt ist die Situation anders: Ich bin Spitzenkandidat der CSU. Welche Position ich in Zukunft wahrnehmen werde, darüber entscheiden die Wählerinnen und Wähler.

Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zur Kanzlerin?

Herrmann: Gut und problemfrei. Ich unterstütze sie. Sie ist eine starke Kanzlerin, auch wenn es in der Frage der Zuwanderung und der Flüchtlingspolitik unterschiedliche Meinungen zwischen CDU und CSU gab. Da habe ich mich immer sehr klar geäußert, habe aber nie ein persönliches Wort gegen die Kanzlerin gerichtet.

Erwarten Sie, dass der Flüchtlingszustrom nach Deutschland noch einmal zunehmen wird?

Herrmann: Das ist nicht völlig ausgeschlossen. Aber ich erwarte das nicht. Doch die Flüchtlingsströme vom afrikanischen Kontinent bleiben für die Europäische Union eine große Herausforderung.

Was muss die EU tun?

Herrmann: Wir müssen dringend dafür sorgen, dass sich weniger Flüchtlinge auf den Weg über das Mittelmeer machen. Es kann nicht sein, dass jeder Afrikaner, der mit einem Gummiboot in See sticht, automatisch in der Europäischen Union aufgenommen wird. Wir brauchen noch deutlich mehr Abkommen wie das EU-Türkei-Abkommen mit afrikanischen Ländern, damit Flüchtlinge unmittelbar zurückgebracht werden können. Außerdem müssen wir kriminellen Schleuser-Organisationen das Handwerk legen und mit mehr Entwicklungshilfe dafür sorgen, dass die Menschen in Afrika eine Lebensperspektive bekommen.

Müssen die Kontrollen an deutschen Grenzen dauerhaft aufrechterhalten werden?

Herrmann: Die Kontrollen an den deutschen Außengrenzen müssen wir so lange aufrecht erhalten, wie die Europäische Union es nicht schafft, die EU-Außengrenzen wirksam zu schützen.

Die Griechen sagen allerdings, die Grenzen lassen sich nicht schützen...

Herrmann: Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Aber früher hatten wir zumindest in Mitteleuropa unsere Grenzen ja auch im Griff. Wenn es in der EU den echten politischen Willen für einen effektiven Grenzschutz gibt, dann wird das auch gelingen. Das ist die Grundlage des Schengen-Abkommens: Wir verzichten auf Binnengrenzen, dafür werden die EU-Außengrenzen umso besser geschützt. Wenn Griechenland nicht in der Lage ist, seine Außengrenzen zu schützen, dann kann es nicht Teil des Schengen-Raums bleiben.

Die Mutter aller Fragen in diesem Wahlkampf ist, ob die CSU bei ihrer Obergrenze für Flüchtlinge bleibt und diese in möglichen Koalitionsverhandlungen durchsetzt wie ehedem die Maut?

Herrmann: Horst Seehofer hat in dieser Frage eine klare Position bezogen und die steht.

Aber Sie vermeiden das Wort Obergrenze...

Herrmann: Es kommt auf das Ergebnis an. Tatsache ist, dass inzwischen niemand mehr für einen unbegrenzten Zugang nach Deutschland eintritt, auch Grüne und Linke nicht. Logisch ist: Wenn ich keinen unbegrenzten Zugang möchte, brauche ich eine Begrenzung. In Berlin sind noch nicht alle bereit, diese Konsequenz zu ziehen.

Sie rücken davon nicht ab?

Herrmann: Die Leute wollen eine klare Aussage haben, dass wir die Flüchtlingszahlen dauerhaft begrenzen. Zurzeit sind die Zahlen so, dass wir in diesem Jahr aller Voraussicht nach unter der von Horst Seehofer genannten Grenze von 200 000 bleiben werden. Ich stehe mit meiner Kandidatur dafür, dass sich ein Flüchtlingszustrom wie 2015 nicht wiederholen wird. Und diese Verbindlichkeit wollen wir in einem Koalitionsvertrag verankern. Dabei werde ich mich nicht über 1000 mehr oder weniger streiten.

NRW bekommt Schwarz-Gelb, ist das ein neues Modell auch für den Bund?

Herrmann: Wir führen keinen Koalitionswahlkampf. Es liegt auf der Hand, dass mir bei der sozialen Marktwirtschaft und der inneren Sicherheit eine Koalition mit der FDP sympathischer ist als eine mit den Grünen. Die Begeisterung zur Fortsetzung der großen Koalition hält sich allseits in Grenzen.

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