Unions-Sozialexperte Peter Weiß im Interview „Es ist nicht ausgemacht, dass ein Rentenwahlkampf ansteht“

Der Bundestagsabgeordnete Peter Weiß fordert Reformen bei der Rente. Der Unions-Sozialexperte sprach im Interview mit Bernhard Walker über die Koalitionseinigung zur Alterssicherung und die Gefahr eines Überbietungswettbewerbs.

 Der Bundestagsabgeordnete Peter Weiß fordert Reformen bei der Rente.

Der Bundestagsabgeordnete Peter Weiß fordert Reformen bei der Rente.

Foto: picture alliance / dpa

Erst gibt es monatelange Beratungen zur Rente, dann tagt ein schwarz-roter Rentengipfel und trotzdem fällt das angekündigte Gesamtkonzept zur Zukunft der Alterssicherung mager aus. Wie erklären Sie diese kümmerliche Bilanz?

Peter Weiß: Von einer kümmerlichen Bilanz kann keine Rede sein. Die Koalition hat drei wesentliche Dinge erreicht. Wir tun mehr für Erwerbsgeminderte, die übrigens die Gruppe ist, die am meisten von Altersarmut bedroht ist. Wir sorgen dafür, dass jemand, der im Alter Grundsicherung braucht, bis zu 200 Euro im Monat von dem behalten kann, was er sich an privater oder betrieblicher Vorsorge angespart hat. Und wir schaffen knapp 30 Jahre nach dem Mauerfall auf sehr ausgewogene Weise ein einheitliches Rentensystem für ganz Deutschland.

Bei der sogenannten Ostangleichung wurde beschlossen, dass die Renten im Osten in den kommenden Jahren um vier Milliarden Euro steigen. Wie wollen Sie das Bürgern in den alten Ländern erklären?

Weiß: Das kann ich gut erklären. Es ist ja nicht nur so, dass im Zuge der Angleichung die Ostrenten steigen. Zugleich wird ein Vorteil peu à peu abgeschmolzen, den heute die Arbeitnehmer im Osten haben – nämlich den Vorteil, dass, vereinfacht gesagt, ihre Einkommen höhere Rentenansprüche auslösen. Ja, wir tun etwas für die Älteren in den neuen Ländern. Aber genauso stellen wir künftig die Arbeitnehmer in puncto Rentenanwartschaften gleich – und zwar ganz gleich, ob sie in West- oder Ostdeutschland ihrer Arbeit nachgehen.

Ministerin Nahles wollte eine sogenannte Haltelinie beim Rentenniveau, worauf sich der Gipfel aber nicht einigte.

Weiß: Ich werfe da die Flinte nicht ins Korn. Aktuell und in den nächsten Jahren haben wir beim Niveau überhaupt kein Problem. Dank der guten Konjunktur und der guten Lage am Arbeitsmarkt sinkt das Niveau nicht, es steigt eher. Richtig ist aber auch, dass junge Leute, die heute ins Berufsleben starten, wissen wollen, wie es nach 2030 um das Niveau steht. Diese Information ist für sie fraglos wichtig, um überhaupt abschätzen zu können, was jemand zusätzlich an privater oder betrieblicher Vorsorge für später machen muss. Wir sollten die Niveaufrage in aller Ruhe besprechen und eine Kommission beauftragen, bis, sagen wir, 2018 oder 2019 die Lage gründlich zu analysieren und konkrete Vorschläge zu machen.

Diese Kommission hat der Gipfel nicht eingesetzt.

Weiß: Stimmt. Aber was am Donnerstag nicht war, kann ja noch kommen.

Noch in dieser Wahlperiode?

Weiß: Ich mache mich jedenfalls dafür stark.

Wie aussagekräftig ist das Niveau überhaupt? Es ist eine abstrakte Größe, die nichts darüber aussagt, wie viel Prozent seines individuellen früheren Einkommens jemand an Rente bekommt.

Weiß: Das stimmt. Aber trotzdem sollten wir die Frage nicht wegwischen, die die jungen Leute nun mal haben. Und wenn man das eine tut, heißt das nicht, dass man das andere lässt.

Welches andere?

Weiß: Der Schlüssel für eine gute Alterssicherung der Zukunft heißt: Bildung, Beschäftigung, gute Löhne und Gehälter. Im Moment und auf absehbare Zeit haben wir beim Niveau kein Problem, weil wie gesagt die wirtschaftliche Lage so gut ist. Also muss unser erstes und vordringliches Ziel sein, alles dafür zu tun, dass die Lage auch künftig so prima bleibt.

Als erstes steht ein Rentenwahlkampf ins Haus. Wie werden Sie sich positionieren?

Weiß: Da sind Sie jetzt ein bisschen vorschnell. Es ist überhaupt nicht ausgemacht, dass 2017 ein Rentenwahlkampf ansteht. Wie gesagt, werbe ich weiter dafür, dass wir die Niveau- und Beitragssatzfrage mit Vernunft klären. Sonst droht ein Überbietungswettbewerb, bei dem die Parteien in Versuchung geraten, haltlose Versprechen zu machen. Es ist doch verantwortungslos, dass zum Beispiel die Linkspartei von einem Niveau von 53 Prozent spricht, allerdings nicht erwähnt, in welche Höhen die Rentenbeiträge der Jüngeren steigen, denen dann immer weniger von ihrem Lohn bliebe.

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