Gegenwind für US-Präsidenten Widerstand für Trump aus vielen Richtungen

Washington · Amerika hat Donald Trump zwar gewählt – durchgehen lässt es dem 71-jährigen Baumilliardär aber beileibe nicht alles. Ein paar Beispiele.

Als der Filmemacher Michael Moore im Frühjahr zum nationalen Widerstand gegen Donald Trump aufrief, „friedlich, kreativ – aber entschieden“, hatte er an vieles gedacht. Daran nicht. Ein scheidender Kundenbetreuer des Kurzmitteilungsriesen Twitter löschte kurzerhand den Account @realDonaldTrump und stellte damit den vielleicht bisher wirkungsmächtigsten Protest gegen den laut Umfragen unbeliebtesten amerikanischen Präsidenten aller Zeiten auf die Beine.

Elf Minuten lang saßen knapp 42 Millionen Abonnenten der täglichen 140-Zeichen-Zwischenrufe des Präsidenten im Off. Ein kleines Beispiel unter vielen, das zeigt: Amerika hat Trump zwar gewählt. Durchgehen lässt es dem 71-Jährigen aber beileibe nicht alles. Im Gegenteil. Ein Jahr nach der Wahl weht dem New Yorker Baumilliardär aus vielen Richtungen der Wind ins Gesicht. Ein paar Beispiele:

Die alten Polit-Recken

John McCain, das republikanische Urgestein, lässt keine Gelegenheit aus, Trump in die Parade zu fahren. Der Senator aus Arizona hält es für „unpatriotisch“, Trumps „unausgegorenem und aufgesetztem Nationalismus“ zu folgen. Sein Kollege Bob Corker, Senator aus Tennessee, geht noch einen Schritt weiter. Er bezeichnet Trump als „Gefahr für die Demokratie“ und den „Weltfrieden“, weil er ihn für unreif hält, mit der Verfügungsgewalt über das Atom-Arsenal verantwortungsbewusst umzugehen. Jeff Flake hat bereits die Konsequenz gezogen. Er will nicht länger „Komplize“ eines Präsidenten sein, der allein durch „rücksichtsloses, unerhörtes und würdeloses Verhalten“ auffällt.

Der Senator aus Arizona steigt, auch in Erwartung einer Niederlage bei den Zwischenwahlen 2018, aus dem Politikbetrieb aus. Die McCains, Corkers und Flakes sind in der Minderheit. Aber ihr Beispiel zeigt laut US-Medien, dass die „Geduld vieler Parlamentarier mit Trump endlich ist“. Eine andere Konsequenz: Bürgerrechtsgruppen wie die „American Civil Liberties Union“ (ACLU) bekommen immer mehr Zulauf und verzeichnen eine riesiges Spendenaufkommen. Motto: „Widerstand lohnt sich.“

Die Medien

Kein Tag vergeht, an dem der Präsident das Gros der Zeitungen, Sender und Radiostationen nicht als „verlogen“ und „links-liberal“ verunglimpft. Lediglich Fox News wird von der Kritik ausgenommen, „erfundene Geschichten“, Fake News, zu transportieren. Wirklich verfangen will diese Strategie nicht. Leitmedien wie die „New York Times“ und die „Washington Post“, die für den Löwenanteil der Enthüllungen in Trumps ersten zehn Amtsmonaten verantwortlich zeichnen, verkaufen mehr Abos denn je. Und diverse Umfragen belegen, dass die Amerikaner – im konstanten Verhältnis zwei Drittel zu einem Drittel – den „Mainstream-Medien“ weiter entschieden mehr vertrauen als allem, was aus dem Weißen Haus und Trumps Mund kommt.

Der Rechtsstaat

Wenn Trump die Gewaltenteilung ignoriert und von der Justiz, etwa bei Einreise-Verboten für Menschen aus bestimmten muslimischen Ländern, politische Gefolgschaft verlangt, erweisen sich die Eckpfeiler des US-Systems bisher als stabil. Immer wieder legen sich Richter verschiedener Instanzen quer.

Die Comedians

Ob Stephen Colbert, Trevor Noah, John Oliver oder Westküsten-Spaßmacher Jimmy Kimmel, der das Chaos um die Reform der Gesundheitsreform mit dem Schicksal seines kranken Sohnes verbindet: Amerikas Top-Late-Night-Unterhalter im Fernsehen wechseln regelmäßig ins ernste Fach und legen den Regierungsalltag bloß. Sie gelten vielen als die wahren „Nachrichtensprecher“.

Die Städte

Seit Trump und die Nationalisten in seinem Kabinett (voran Justizminister Jeff Sessions) gegen Einwanderer Front machen, haben sich Hunderte „Zufluchtsorte“ (sanctuary cities) zusammengetan. Ihre Botschaft: Nicht mit uns. Wenn die Grenzfahnder der Bundesbehörde ICE Mithilfe anfordern, um Menschen (vorzugsweise Latinos) abzuschieben, die teilweise seit Ewigkeiten in den Vereinigten Staaten unbescholten leben und arbeiten, aber keine Ausweisdokumente besitzen, verweigern sie sich. Der Bundesstaat Kalifornien ist im Prinzip eine einzige „sanctuary city“. Aber auch Großstädte wie Los Angeles und New York, Chicago, Boston und Portland solidarisieren sich mit ihren Einwohnern ohne Papiere.

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