Kommentar zu Europa/USA Welt ohne Weltpolizei

Meinung | Bonn · Die Weltpolizei USA hat ihren Sheriffstern zwar noch nicht ganz abgelegt. Doch das Amerika des Donald Trump will jetzt in anderen Weltregionen seinen Interessen nachgehen und überlässt viel Arbeit ihren Partnern, kommentiert Holger Möhle.

 Polizisten verladen nach der 54. Münchner Sicherheitskonferenz Absperrgitter auf einem LKW.

Polizisten verladen nach der 54. Münchner Sicherheitskonferenz Absperrgitter auf einem LKW.

Foto: dpa

Vor einem Jahr haben sie noch ungläubig den Kopf geschüttelt. Kann doch nicht sein, dass dieser Donald Trump sich von Europa abwendet?! Ganz hat es dieser 45. US-Präsident nach mehreren Aufschreien der Entrüstung dann auch nicht gewagt. Aber es ist doch unverkennbar, dass die USA bei all ihren routinierten Treueschwüren zum Beistand in der Nato das große Interesse an Europa deutlich zurückgefahren haben. Diese Münchner Sicherheitskonferenz sollte den Europäern vor Augen geführt haben, dass sie sich nicht länger in warmer Sicherheit wiegen können, getreu dem Motto: Wenn es eng wird, werden es die USA schon richten. Die Nato, dieses größte Verteidigungsbündnis der Welt, bleibt zwar weiter Eckpfeiler transatlantischer Sicherheit. Aber die Selbstverständlichkeit, mit der die USA dort ihre führende Rolle spielen, hat abgenommen.

Trumps Vorwurf, wonach es ziemlich „unfair“ sei, wenn sich manche Staaten (darunter die USA) stärker als andere gemessen an ihrer Wirtschaftsleistung für gemeinsame Sicherheit engagierten, beginnt zu wirken. Deal, bad deal oder no deal? Trump hat die Nato-Europäer, darunter Deutschland, aufgefordert, endlich zwei Prozent ihres Bruttosozialproduktes für Verteidigung auszugeben, wie es auch die Bundesregierung bei den Nato-Gipfeln in Wales und Polen beschlossen hatte.

Kein Vertun: Europa wird sich von Trump und somit von den USA emanzipieren müssen. Auf dem alten Kontinent haben Staats- und Regierungschefs angefangen, die neue Lage zu begreifen und auch darauf zu reagieren. Eine europäische Militärkooperation in der EU ist dazu ein erster Schritt. Europa will so besser und schneller für kommende (Friedens-)Einsätze in Afrika gewappnet sein. Doch tatsächlich brauchen die Europäer vor allem einen Mentalitätswandel. Will es gegen die aufstrebende Großmacht China nicht weiter an Boden verlieren, muss es zusätzlich zu einer besseren eigenen Verteidigungsfähigkeit auch vernachlässigte Regionen der Welt endlich entdecken.

Während China in Dschibuti die erste eigene Marinebasis in Afrika baut und damit seinen geopolitischen Machtanspruch (auch im Wettstreit mit den USA) unterstreicht, war Europa in seinem Einsatz in Afrika lange zaghaft. Mit der EU-Mission in Mali versucht Europa, seinem Anspruch gerecht zu werden, eine mögliche neue Basis für Terrorismus trockenzulegen und die Streitkräfte dort in die Lage zu versetzen, selbst für die Sicherheit ihres Landes zu sorgen.

Europa muss sich etwas trauen. Und dazu braucht es Selbstvertrauen auch in die eigenen Fähigkeiten. Sowohl Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wie auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) haben in München eine stärkere Rolle Europas (und auch Deutschlands) betont. Das wird auch nötig sein. Die Weltpolizei USA hat ihren Sheriffstern zwar noch nicht ganz abgelegt. Doch das Amerika des Donald Trump will jetzt in anderen Weltregionen seinen Interessen nachgehen und überlässt viel Arbeit ihren Partnern. Für Europa bedeutet das: Es muss jetzt zu Hause selbst den Sheriff geben. Das ist ungewohnt, aber notwendig.

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