Ein unbequemer Transatlantiker US-Senator bekommt Preis der Münchner Sicherheitskonferenz

München · 2008 verlor der Republikaner John McCain als Präsidentschaftskandidat gegen Barack Obama. Nun wird der 81-Jährige mit dem Preis der Münchner Sicherheitskonferenz ausgezeichnet. Ein Porträt.

Anfang Dezember musste John McCain noch im Rollstuhl über die Gänge des US-Senats geschoben werden. Sein linkes Bein steckte dabei in einem dicken Stützschuh. Mitte vergangenen Jahres hatten Ärzte bei einer Operation wegen eines Blutgerinnsels unter dem Auge zufällig einen Hirntumor bei dem republikanischen Politiker entdeckt. Der Tumor sei vollständig entfernt worden, teilte die behandelnde Klinik in McCains Heimatstaat Arizona mit. Der US-Senator ist seit Jahrzehnten Stammgast der Münchner Sicherheitskonferenz und war dabei viele Jahre führender Kopf der US-Delegation.

Auch in diesem Jahr will McCain wieder dabei sein, so jedenfalls die letzte Bestätigung seines Büros an die Sicherheitskonferenz. Was wäre die Sicherheitskonferenz ohne McCain? Er gehört gewissermaßen zum Inventar. Denn diese 54. Auflage der weltweit beachteten Konferenz wird für McCain eine ganz besondere. Der 81 Jahre alte Veteran des Vietnam-Krieges wird mit dem Preis der Sicherheitskonferenz geehrt, benannt nach deren Gründer Ewald von Kleist. Vergangenes Jahr bekam ihn der scheidende Bundespräsident Joachim Gauck. Bei der erstmaligen Verleihung 2009 war der frühere US-Außenminister Henry Kissinger der Preisträger.

In diesem Jahr ehrt die Sicherheitskonferenz mit McCain einen überzeugten Transatlantiker. Konferenzchef Wolfgang Ischinger nennt McCain einen „Mann eindrucksvoller Klarheit, der nicht immer ein angenehmer und leichter Gesprächspartner für die Bundesregierung war“. Worte eindrucksvoller Klarheit fand McCain auch bei seinem Auftritt im vergangenen Jahr, wenige Wochen nach der Amtsübernahme von Donald Trump.

2008 verlor McCain als Präsidentschaftskandidat gegen Obama

Vor dem Hintergrund von Trumps erster Absetzbewegung weg von Europa erinnerte McCain den Westen und die Europäer an gemeinsame Werte: „Wir dürfen uns selbst und einander nicht aufgeben, sonst wäre das Dekadenz, und das führt zum Scheitern von Weltordnungen.“ Und weiter: „Ja, es sind gefährliche Zeiten, aber Sie dürfen Amerika nicht abschreiben.

Und wir sollten einander nicht abschreiben.“ McCain, der sich bereits im Wahlkampf von Trump distanziert hatte, sagte weiter: „Ich weiß, in Europa und weltweit ist man besorgt darüber, dass die USA die weltweite Führung abgeben könnten.“ Längst gilt McCain als einer der schärfsten Kritiker eines US-Präsidenten Trump innerhalb der Republikanischen Partei.

McCain war einmal selbst auf dem Sprung, US-Präsident zu werden. 2008 unterlag er als Präsidentschaftskandidat dem damaligen Stern der Demokraten, Barack Obama. Sinnigerweise wird Obamas einstiger Vizepräsident Joe Biden, der in dieser Funktion mehrmals Gast der Konferenz war, in München die Laudatio auf McCain halten. Ischinger hat den US-Demokraten Biden bewusst ausgesucht, auch, um damit ein Signal zur „Überwindung der Polarisierung der US-Parteien“ zu senden. So wie seine Vorgänger als Preisträger bekommt auch McCain den Ewald-von-Kleist-Preis als eine jener Persönlichkeiten, „die sich in besonderer Weise für Frieden und Konfliktbewältigung eingesetzt haben“.

Der US-Senator hat es auch in München weit gebracht. Bei seinen allerersten Auftritten bei der Sicherheitskonferenz musste er noch dem damaligen US-Delegationsleiter die Tasche hinterhertragen. Längst wird ihm die Tasche getragen und ein Preis an ihn herangetragen, den er trotz der Tumorerkrankung unbedingt selbst entgegennehmen will.

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