Abstimmung zu "Obamacare" verschoben Republikaner lassen Donald Trump im Stich

Washington · Keine gute Nachricht für Donald Trump: Seine Republikaner sind sich offensichtlich nicht sicher, genügend Stimmen für die Abschaffung von „Obamacare“ zusammenzubekommen. Sie verschieben die Abstimmung.

 US-Präsident Donald Trump: Sein erster bedeutender Gesetzgebungsprozess, die Abschaffung von "Obamacare", droht zu scheitern.

US-Präsident Donald Trump: Sein erster bedeutender Gesetzgebungsprozess, die Abschaffung von "Obamacare", droht zu scheitern.

Foto: ap

Die US-Republikaner verschieben die sehr wichtige Abstimmung im US-Kongress über ein Gesetz zur Abschaffung von „Obamacare“. US-Präsident Donald Trump hatte hinter den alternativen Gesetzentwurf für eine Gesundheitsversicherung sein volles politisches Gewicht geworfen, konnte sich aber gleichwohl zunächst nicht durchsetzen. Es ist Trumps erster bedeutender Gesetzgebungsprozess nach der Amtsübernahme vor zwei Monaten.

Offensichtlich befürchtete die Parteiführung, dass der Gesetzentwurf bei einer ursprünglich geplanten Abstimmung am Donnerstag auch im eigenen Lager durchfallen würde. CNN und MSNBC zitierten eine Sprecherin des Weißen Hauses mit den Worten, die Abstimmung sei auf Freitag verschoben. Man habe vermeiden wollen, nach einer langen Debatte mitten in der Nacht abstimmen zu müssen.

Das Weiße Haus hatte bis zuletzt mit Macht darum gerungen, die zersplitterten Republikaner hinter dem Entwurf zu vereinen. Ein Treffen konservativer Abgeordneter mit Trump am Mittag (Ortszeit) scheint den Ausschlag für die Verschiebung gegeben zu haben.

Mindestens 25 Abgeordnete der Partei Trumps hatten angekündigt, nicht für die vom Präsidenten unterstützte Gesetzesvorlage zu stimmen. Höchstens 22 Abtrünnige könnte sich die Partei erlauben.

Das zunächst erfolglose Ringen ist ein Beleg für die Zersplitterung der Republikaner. Es belegt auch, dass die Partei - anders als angekündigt - sieben Jahre nach der Einführung von „Obamacare“ keine schlüsselfertige Alternative hat.

Mit der Ersatzlösung für die von Präsident Obama eingeführte Gesundheitsreform will Trump eines seiner zentralen Wahlversprechen einlösen. „Obamacare ist ein Desaster“, hatte er wiederholt erklärt, die Versicherung sei viel zu teuer und belaste Millionen von Amerikanern.

Die Kompromisslösung erweist sich aus verschiedenen Gründen als schwierig. Den moderaten Republikanern ist sie zu riskant, weil durch die Neuerungen unabhängigen Studien zufolge Millionen von bisher versicherten Amerikanern am Ende wieder ohne bezahlbare Krankenversicherung dastehen könnten.

Den erzkonservativen Mitgliedern des sogenannten Freedom Caucus geht die Modifizierung von „Obamacare“ dagegen nicht weit genug. Sie wollen das ihnen verhasste Gesetz vollständig abschaffen und verweisen auf das zentrale Wahlkampfversprechen Trumps.

Dieses Gesetzgebungsverfahren ist auch deswegen so wichtig, weil es Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten einer großen Steuerreform zulässt. Diese ist nochmals ungleich komplizierter als ein Gesetz für das Gesundheitssystem.

Im Hintergrund der Abstimmung spielen auch jetzt schon die Kongresswahlen im Herbst 2018 eine große Rolle, und zwar sowohl für die Gegner des neuen Gesetzes wie für dessen Befürworter.

US-Medien berichteten, dass konservative Organisationen um die Koch-Brüder Abgeordneten hohe Summen für diesen Wahlkampf angeboten haben, sollten sie gegen das Gesetz stimmen und deswegen Repressionen Trumps befürchten müssen.

Trump hatte zuvor gedroht, Abgeordneten würden bei den nächsten Wahlen Mandate verlieren, wenn sie nicht zustimmten. Die Abstimmung wurde so zu einem direkten Machtkampf zwischen Trump und der konservativen Parteibasis.

Obama, Schöpfer und Namensgeber der geltenden Gesetzgebung, verteidigte sein Werk noch einmal. „Dank dieses Gesetzes sind jetzt 90 Prozent aller Amerikaner krankenversichert - die höchste Quote in unserer Geschichte“, schrieb Obama am Donnerstag in einer Mitteilung.

Der neue Entwurf sieht im Gegensatz zu „Obamacare“ keine Versicherungspflicht mehr für alle vor. Ein Programm zur kostenlosen Versicherung für Bedürftige wird eingeschränkt, die Subventionierung von Beiträgen nach Alter und nicht mehr primär nach Einkommen gestaffelt, und die geplanten Zuschüsse via Steuergutschriften fallen deutlich magerer aus als die Hilfen unter „Obamacare“. Das unabhängige Budgetbüro des Kongresses schätzt, dass damit mindestens 14 Millionen Amerikaner ihre Versicherung verlieren würden.

Käme der vorliegende Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus nicht durch, würde es einen neuen Anlauf mit einem neuen Entwurf geben. Da die Republikaner Abgeordnetenhaus und Senat kontrollieren, dürfte ein Entwurf früher oder später passieren.

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