Humanitäre Krise Syrisches Rebellengebiet: Blutigste Woche seit drei Jahren

Damaskus · Das Gebiet Ost-Ghuta nahe Damaskus erlebt eine dramatische humanitäre Krise. Seit Tagen fliegen Jets der Regierung zudem heftige Luftangriffe. Mehrfach wurde Ost-Ghuta schon mit Giftgas angegriffen.

 Ost-Ghuta ist von Regierungstruppen eingeschlossen. Wegen der Blockade mangelt es akut an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung.

Ost-Ghuta ist von Regierungstruppen eingeschlossen. Wegen der Blockade mangelt es akut an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung.

Foto: Uncredited/Syrian Civil Defense White Helmets/AP

Die auslaufende Woche ist für das von der Außenwelt abgeschlossene syrische Rebellengebiet Ost-Ghuta nahe der Hauptstadt Damaskus die blutigste seit drei Jahren gewesen.

Schon seit Monaten erlebt die Region wegen einer Blockade eine der schlimmsten humanitären Krisen des fast siebenjährigen Bürgerkriegs. In den vergangenen vier Tagen seien dort bei Regierungsangriffen rund 230 Zivilisten ums Leben gekommen, darunter etwa 60 Kinder, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag.

Syrische Jets flogen seit Montag heftige Luftangriffe auf Ost-Ghuta. Die Menschenrechtler meldeten mehr als 700 Verletzte. Aktivisten in der Region sprachen sogar von 1700 Verletzten. Auch am Freitag starben bei Luftangriffen laut den Menschenrechtlern sechs Menschen.

"Der Geruch von Tod und Kummer ist überall", sagte der Aktivist Masen al-Schami der Deutschen Presse-Agentur. "Jede Straße, jede Nachbarschaft in Ost-Ghuta ist getroffen worden." In den sozialen Medien kursierten Bilder von Toten oder Verletzten in Trümmern.

Das UN-Nothilfebüro Ocha erklärte, in dem dort gelegenen Ort Duma seien rund 15.000 Menschen durch die Gewalt vertrieben worden. Getroffen worden sei auch ein Gesundheitszentrum und deswegen außer Betrieb. Märkte sind demnach seit Tagen geschlossen. Seit mehr als zwei Monaten seien keine Hilfstransporte nach Ost-Ghuta gelangt, unter anderem weil diese keinen Zugang zu der Region erhielten.

Das Gebiet östlich von Damaskus gehörte zu den letzten von Rebellen kontrollierten Regionen des Bürgerkriegslandes. Es ist seit 2013 von Regierungstruppen eingeschlossen. Rund 400.000 Menschen sind dort weitestgehend von der Außenwelt abgeschnitten. Waren kommen nur über Schmugglertunnel in das Gebiet. Wegen der Blockade herrscht akuter Mangel an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Kontrolliert wird Ost-Ghuta vor allem von islamistischen Milizen, die ihrerseits von der Regierung kontrollierte Teile von Damaskus beschießen.

Eine Ermittlungskommission des UN-Menschenrechtsrates hatte in dieser Woche erklärt, Ausmaß und Heftigkeit der Angriffe auf Ost-Ghuta hätten "dramatisch zugenommen". Mehrere Versuche, eine Waffenruhe für die Region zu erreichen, sind bisher gescheitert.

Die Hilfsorganisation Save the Children erklärte, Tausende Familien hätten in Räumen unter der Erde Zuflucht gesucht und seien dort gefangen. Seit Jahresanfang wurden demnach elf Schulen zerstört. "Die Blockade bedeutet, dass die Menschen nirgendwohin fliehen können", sagte die Syrien-Direktorin von Save the Children, Sonia Kush.

Aktivisten zufolge wurde Ost-Ghuta seit Anfang des Jahres dreimal mit Chlorgas angegriffen. Schon in der Vergangenheit hatte die Region verheerende Giftgasangriffe erlebt. So starben im August 2013 Hunderte Menschen an Saringas. Der Westen und Syriens Opposition machten für den Angriff die Regierung verantwortlich, die den Vorwurf zurückwies und ihrerseits Rebellen beschuldigte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort