Kommentar zum Afghanistan-Einsatz Trumps Wende

Meinung | Berlin · Entgegen früherer Ankündigungen will Donald Trump nun doch nicht den Rückzug aus Afghanistan vorantreiben. Die nächste Wende in der Amtszeit des 45. US-Präsidenten. Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf andere Truppensteller, darunter Deutschland.

 US-Soldaten bringen im Juni 2017 in der Provinz Helmand eine Haubitze M777 in Position.

US-Soldaten bringen im Juni 2017 in der Provinz Helmand eine Haubitze M777 in Position.

Foto: dpa

Die Wende gehört zum Politik-Prinzip des Donald Trump. Jetzt hat der US-Präsident seine Haltung zum Afghanistan-Einsatz gewendet – und damit die Nato in Brüssel wie auch viele Mitgliedsstaaten beruhigt. Entgegen früherer Ankündigungen will Trump nun doch nicht den Rückzug aus Afghanistan vorantreiben, sondern – Kommando zurück – die US-Truppen dort aufstocken.

Es siegt die ihm eingeflüsterte oder mühselig beigebrachte Erkenntnis, dass das höchst instabile Afghanistan sich weiterhin nicht selbst überlassen werden kann, sollen mehr als 15 Jahre Krieg, Kampf und Ausbildung nicht vergeblich gewesen sein. Die nächste Wende in der ebenso jungen wie turbulenten Amtszeit des 45. US-Präsidenten. Das bleibt nicht ohne Auswirkung auf andere Truppensteller, darunter Deutschland, das mit bis zu 980 Soldaten das drittgrößte ausländische Kontingent am Hindukusch stellt.

Der Westen hat die Uhr, seine Feinde die Zeit

Dieser Einsatz ist – auch für die Bundeswehr – noch lange nicht zu Ende. Wie lange noch? Radikalislamische Taliban, Warlords und andere Aufständische in Afghanistan beantworten die Frage gerne so: Der Westen hat die Uhr, wir haben die Zeit. Insofern wird sie auch die jüngste Ankündigung des US-Präsidenten nicht schrecken. Sie wissen um ein nahezu unerschöpfliches Reservoir an Kämpfern, die sie mühelos in den Flüchtlings- und Elendslagern längs der afghanisch-pakistanischen Grenzlinie rekrutieren.

Soll der Westen doch bleiben, eines Tages werden die ausländischen Besatzer doch abziehen. Und dann wird die Gefahr, dass die Taliban die Macht ganz oder teilweise wieder übernehmen, Wirklichkeit. Nicht zuletzt die drohende Rückkehr der Taliban wird Trump bewogen haben, die US-Streitkräfte in dem Land aufzustocken.

Die Macht der Nato ist begrenzt

Ende 2014 hatte die Nato nach 13 langen Jahren ihren Kampfeinsatz beendet und den Afghanen die Hoheit für Sicherheit und Stabilität ihres Landes übergeben. Doch das von mehr als 40 Jahren Krieg und Bürgerkrieg gezeichnete Land kommt nicht zur Ruhe. Wo die internationale Allianz sich zurückzieht, tauchen die Taliban wieder auf, wie deren Angriff auf das deutsche Generalkonsulat in Masar-i-Scharif im Winter 2016 gezeigt hat. Die Macht der Nato in Afghanistan ist begrenzt, das Land befindet sich bestenfalls in einem Zustand von Nicht-Krieg.

Mit Trumps Afghanistan-Wende rückt auch ein Abzug der Bundeswehr in einige Ferne. Im Bündnis gilt unverändert die Devise: gemeinsam rein, gemeinsam raus. Mehr als 50 deutsche Soldaten haben am Hindukusch ihr Leben gelassen. Das ist ein erheblicher Blutzoll, der kaum erklärbar wäre, würden am Ende – Status quo ante – wieder Taliban regieren und das Land erneut zum sicheren Hafen für Terrorismus. Afghanistan bräuchte einen funktionierenden Nationalstaat. Doch Trump will nach eigener Cowboy-Rhetorik lieber Terroristen töten.

Wenn Frieden nur so einfach wäre.

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