Chefstratege Stephen Bannon Trumps Gehirn

Washington · Chefstratege Stephen Bannon erklärt beim Jahrestreffen der amerikanischen Ultra-Konservativen (CPAC) seine Weltsicht. Dabei stellt den Staat zur Disposition.

 Weltmodell auf vier Pfeilern: Präsidentenberater Stephen Bannon in Oxon Hill. FOTO: AP

Weltmodell auf vier Pfeilern: Präsidentenberater Stephen Bannon in Oxon Hill. FOTO: AP

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Nicht lange her, da war Stephen Bannon beim Jahrestreffen der amerikanischen Ultrakonservativen (CPAC) eine unerwünschte Person. Die Nähe der lange von dem ehemaligen Marine-Soldaten und Investment-Banker geführten Propaganda-Internetseite Breitbart zu rechtsextremen, rassistischen und anti-semitischen Strömungen stieß die Organisatoren ab.

Seit Donald Trump im Weißen Haus residiert und Bannon als allzuständigen Chefstrategen installiert hat, ist die Abneigung in Respekt und Bewunderung umgeschlagen. Nur wenige der Tausenden Gäste der Konferenz am Hafen von Washington beschlich Unwohlsein, als der 63-Jährige jetzt zum ersten Mal öffentlich seine auf vier Pfeilern ruhende Weltsicht ausbreitete. Was sich extrem und akademisch anhört, ist weitgehend identisch mit den ersten Amtshandlungen des Präsidenten der Vereinigten Staaten. „Bannon scheint wirklich Trumps Gehirn zu sein“, sagte eine Republikanerin aus Maryland dieser Zeitung. Eine Übersicht:

Die Dekonstruktion des Staates: Bannon bezeichnet sich als Leninist. Mit dem russischen Revolutionär verbindet ihn die Lust auf die Zerstörung des existierenden Systems. „Ich will, dass alles zusammenbricht, ich will das heutige Establishment zerstören“, sagte Bannon in einem Interview.

Der heutige Staat, von Gesetzen und Vorschriften durchzogen, von üppigen Steuergeldern genährt und in internationale Allianzen eingebunden, ist aus seiner Sicht verfettet und träge. Trumps Politik setze darum komplett auf die „Dekonstruktion“ der Staatsbürokratie, sagte Bannnon. Ob damit Zerstörung und Auflösung oder das Zurückschneiden von bürokratischem Wildwuchs gemeint war, ließ er offen.

Klar sei jedoch, dass alle Kabinettsmitglieder dieser Kernaufgabe verpflichtet seien. Beispiele sind erkennbar: Bildungsministerin Betsy DeVos will das öffentliche Schulsystem zugunsten privater Anbieter austrocknen. Scott Pruitt soll die Umweltschutzbehörde EPA entkernen, Gesundheitsminister Tom Price die Krankenversicherung entstaatlichen, Justizminister Jeff Sessions das Gesetzbuch von Schutzregeln für Minderheiten entschlacken und Finanzminister Mnuchin die Banken aus ihrem nach der Finanzkrise 2008 entstandenen Korsett befreien.

Sicherheit, Terrorismus und nationale Souveränität: Bannon ist seit der erst nach 444 Tagen beendeten Geiselhaft von über 50 Amerikanern im Iran 1979 (damals war er bei der Marine) der Überzeugung, dass sich der „jüdisch-christliche Westen“ in einem Krieg gegen die „bösen Kräfte des Islam“ befindet. Bannon spricht von „islamischem Faschismus“, der ausgemerzt werden müsse. US-Truppen-Entsendungen in Brandherde wie Syrien und Irak sind für ihn kein Tabu.

Thema Atomwaffen: Trump sagte in dieser Woche, die USA (derzeit 6800 Sprengköpfe) seien in der Konkurrenz zu Russland (7000) ins Hintertreffen geraten und müssten nuklear aufrüsten, um „wieder an die Spitze“ zu gelangen. Ein Signal zu einem neuen atomaren Wettrüsten der Supermächte, dem Bannon nicht widerspricht.

Ökonomischer Nationalismus: Freihandel, wie er seit über 20 Jahren in der arbeitsteiligen Welt gewachsen ist, stellt für Bannon das größte Hindernis für den Wohlstand von Amerikas Arbeitern dar. Die „vergessenen Männer“ im industriell stagnierenden Rostgürtel, die Trump in seiner Antrittsrede beschworen hat, gehen auf Bannon zurück. Er predigt einen wirtschaftlichen Abschottungskurs, der Handelsverträge im Verbund ausschließt und mit jedem Land individuelle Abkommen über den Austausch von Waren vorsieht.

Ziel Bannons ist ein nationalistisch-kapitalistisches Vaterland. Motto: „Amerika zuerst“. Zu dieser Strategie gehört der Anspruch, Millionen Jobs in die USA zurückzuholen, die in Billiglohnländer abgewandert sind. Die Medien als Feind: Als Breitbart-Boss hat er mit ideologisch gefärbter Nischen-Berichterstattung gegen die dominierenden Organe in Fernsehen und Presse opponiert. Im Weißem Haus setzt Bannon die Konfrontation in XXL-Format fort.

Er spricht von „globalisierten Medienunternehmen“, die im Stile einer Oppositionspartei fundamental gegen die Agenda Trumps eingestellt seien.

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