Ausstieg beschlossen Trump sagt Pariser Klimaschutzvertrag „Adieu“

Washington · Donald Trump zeigt der Welt die kalte Schulter: Die USA verlassen das Pariser Klimaschutzabkommen. Gegen den Rat von Freund und Feind. Trump argumentiert mit „America First“.

Blauer Himmel, leicht bewölkt, 29 Grad, angenehme Brise. Washington zeigt sich am Donnerstag von seiner frühsommerlichen Schokoladenseite, als Donald Trump an das Rednerpult tritt, um Amerikas Rolle im Weltklimaschutz neu zu vermessen. Was dann aber im Rosengarten des Weißen Hauses aus seinem Mund kommt, hat die Wirkung eines Hagelschauers. „Die Vereinigten Staaten werden sich aus dem Paris Abkommen zurückziehen“, sagt Trump. Was sich im Wahlkampf und danach angedeutet und zuletzt konkretisiert hatte, ist damit eingetreten. Die größte Supermacht der Erde verlässt das nach jahrelangem Ringen von 195 Ländern im Dezember 2015 erzielte Übereinkommen, die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

Dazu wollen die Unterzeichner in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auf der Basis freiwilliger Verpflichtungen den Ausstoß ihrer Treibhausgase auf Null bringen. Dafür muss die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas schon sehr bald enden. Andernfalls, so sind sich weltweit Wissenschaftler im Prinzip einig, werden die Folgen des Temperaturanstiegs nicht mehr beherrschbar sein.

"Millionen Jobs gehen verloren"

Trump geht auf dieses Basiswissen nicht ein. Er sieht Amerika von „drakonischen Auflagen“ gebeutelt. Andere Länder, China und Indien zum Beispiel, dürften ihren Schadstoffausstoß bis 2030 steigern, behauptet er in greller Sonne, während die USA über Gebühr bluten müssten. Trump: „6,5 Millionen Jobs gehen uns durch das Abkommen von Paris verloren.“ Wo die Zahl herkommt? Man weiß es nicht. Trump verbindet mit dem Ausstieg das Versprechen, umgehend neue Verhandlungen anzubahnen, die einen „fairen Deal“ für Amerika zum Ziel haben. „Wenn das klappt, ist das gut, wenn nicht, auch.“ Aus dem Publikum regt sich Szenenapplaus. Einige von Amerikas erbittertsten Paris-Gegnern schwitzen in der Sonne.

Mit den vertrackten Feinheiten des Ausstiegs hält er sich nicht lange auf. Nur so viel: Nach Vertragslage kann Amerikas Goodbye zu Paris erst vollzogen werden, wenn sich der Milliardär zur Wiederwahl stellen will: im November 2020. Paris wird somit zum Prüfstein für Trump II. Die andere Lösung, den Abschied aus der UN-Klimarahmenkonvention, von der sich Staaten binnen eines Jahres entbinden können, ist Trump zu radikal. Aber: Die Zahlungen in den „Grünen Klimafonds“, durch den Entwicklungsländer bis 2025 jährlich mit 100 Milliarden Dollar profitieren sollen, werden mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Viele Gegner seiner Ansicht

Mit Trumps Votum ist die Frage beantwortet, mit wem es sich der Präsident verscherzen wird. Schwiegersohn Jared Kushner, Tochter Ivanka, sein oberster Wirtschaftsberater Gary Cohn und Außenminister Rex Tillerson, den man wegen seines früheren Jobs beim Ölmulti Exxon Mobil eher im anderen Lager vermutet hätte, warben bis zuletzt für einen Verbleib im Pariser Abkommen. Nur von „innen“ könne man Veränderungen befördern. Und kontrollieren, was „andere Länder machen oder unterlassen“.

Dieser Teil der Regierung, zu dem auch Umweltminister Rick Perry aus Texas zählt, hält den weltweiten Wandel hin zu einer kohlenstoffärmeren Wirtschaft für unumkehrbar. Dass nur eine nachhaltige Klimapolitik Innovation auslöst und neue Jobs schafft, ist für sie Allgemeingut.

Ivanka Trump lotste dafür den früheren Vizepräsidenten Al Gore zu Nachhilfestunden ins väterliche Penthouse nach New York. Dessen Botschaft: Mr. President, bitte enttäuschen Sie nicht weltweit Minister, Diplomaten, Wissenschaftler, Lobbyisten, Umweltaktivisten und Wirtschaftslenker. Und Künstler. Hollywood-Star Leonardo DiCaprio rief Trump noch am Donnerstagmittag zum Einlenken auf: „Ich hoffe, dass Sie die moralische Entscheidung treffen, künftige Generationen zu schützen.“

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält Trumps Ausstieg für falsch und äußerte sich deutlich auf seinem Facebook-Kanal.

Viele Solarfirmen in den USA

Dagegen führten der radikal-konservative Trump-Berater Stephen Bannon und Scott Pruitt, Öllobbyist aus Oklahoma und neuer Chef der Umweltbehörde EPA, dem Präsidenten zuletzt reihenweise Persönlichkeiten zu, die durch Paris den Wirtschaftsstandort USA geknebelt und benachteiligt sehen. Obwohl erneuerbare Energien bessere Renditen versprechen und etwa Solarfirmen in den USA inzwischen fast 45 Prozent aller Arbeitsplätze bei Stromproduzenten stellen. Trump geht darauf nicht ein. Auch nicht darauf, dass auf die Sektoren Kohle oder Öl nur noch knapp 20 Prozent entfallen.

Die ideologisch wasserfesten Strippenzieher um Bannon haben nicht vergessen, dass der wankelmütige Präsident das Gerede von der globalen Erwärmung einst als „Hoax“ (Schwindel) abqualifizierte. Wahlweise als „Erfindung der Chinesen“, die danach trachteten, Amerikas Wettbewerbsfähigkeit zu zerstören. Mit einem Nein zu Paris, so ihr Standpunkt, würde Trump endlich liefern, was er den Wählern versprochen hat.

Auf den unteren staatlichen Ebenen geht die CO2-Reduzierung aber unvermindert weiter. Drei Dutzend Bundesstaaten und Hunderte kleinere wie größere Städte gehen ambitionierte Wege, um öffentliche Gebäude, Nahverkehrsunternehmen und Privat-Haushalte mit erneuerbaren Energien zu versorgen. In Kalifornien erklärte Gouverneur Jerry Brown trotzig: „Trump wird uns nicht stoppen.“

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