Finanzspritze für die Infrastruktur Trump-Regierung stellt 1,5 Billionen-Dollar-Plan vor

Washington · Donald Trump will marode Brücken, Straßen, Häfen und Flugplätze sanieren. Experten schätzen die Pläne aufgrund der Haushaltlage der USA als nicht realistisch ein.

Sie ist 107 Jahre alt, teilweise aus Holz, also brandgefährdet, und nach allen Statistiken die am meisten benutzte Eisenbahnbrücke der westlichen Hemisphere. Um die „Portal Brücke“ über dem Hackensack River in New Jersey westlich von New York City auf einen zeitgemäßen und verkehrssicheren Stand zu bringen, ist eine Investition von 1,5 Milliarden Dollar nötig. Geld, das der finanzschwache Bundesstaat nicht hat.

Geht es nach Donald Trump, könnte das Problem bald behoben werden. In der Theorie. Ein Jahr nach der ersten Ankündigung hat die US-Regierung am Montag skizzenhaft ihr Ertüchtigungsprogramm für die seit Jahrzehnten siechende Infrastruktur (Straßen, Schienennetze, Häfen, Deiche, Flugplätze, Versorgungsleitungen und so weiter) vorgelegt. Der angekündigte große Wurf, Trump sprach regelmäßig von 1,5 Billionen Dollar, bleibt jedoch aus. Washington will über zehn Jahre verteilt „nur“ 200 Milliarden Dollar bereitstellen. Der Anschubfinanzierung sollen Bundesstaaten, Landkreise, Städte und die Privatwirtschaft dann in öffentlich-privaten Partnerschaften 1,3 Billionen Dollar folgen lassen.

Angesichts des Schuldenstands vieler Regionen sei dies „unrealistisch“, sagt der demokratische Kongressabgeordnete Daniel Lipinski, „und sogar schädlich“. Denn Trump hat angedeutet, dass bereits für die 200-Milliarden-Finanzspritze an anderen Stellen im chronisch defizitären Haushalt gespart werden muss „Hier wird bei Peter gestohlen, um es Paul zu geben“, so Lipinski. Wie er, so geben viele Experten dem neben der beschlossenen Steuersenkung wichtigsten Reformvorhaben Trumps bereits in der Frühphase kaum Chancen. Hauptargument der Kritiker: Angesichts des gigantischen Instandsetzungsbedarfs, der allein bis zum Jahr 2020 auf rund 3,6 Billionen Dollar geschätzt wird, müsse Washington „nicht kleckern – sondern klotzen“.

Genau das hatte Trump im Wahlkampf versprochen und sein Projekt in den Rang des legendären Autobahnprogramms von Präsident Dwight Eisenhower gehoben, das den USA seit 1956 ein Interstate-Netz von heute rund 47.000 Meilen beschert hat. Trump begründete die Notwendigkeit großer Investitionen gerade auf der Straße mit bekannten Tatsachen. Amerikaner stehen im Jahr knapp sieben Milliarden Stunden im Stau, was volkswirtschaftlich einem Schaden von über 150 Milliarden Dollar gleichkommt. 40 Prozent der rund 615.000 Brücken im Land sind 50 Jahre und älter. 54.000 Brücken, darunter die oben genannte Portal Bridge in New Jersey, stellen nach Behördenangaben ein latentes Einsturz-Risiko dar. Der Verband der zivilen Tiefbauingenieure (American Society of Civil Engineers) hat der gesamten Infrastruktur der USA im vergangenen Jahr die Note D+ (ausreichend) gegeben. A wäre der Bestwert.

Martin Klepper, bis vor kurzem Direktor im Transportministerium, hält die Kalkulation für das Ergebnis von „Gebeten und Hoffen“. Daran ändere auch die Ankündigung Trumps nichts, Umweltverträglichkeitsprüfungen für große Vorhaben gesetzlich erheblich zu straffen und eine neue Zentralbehörde aufzubauen, die sämtliche Infrastrukturprojekte aus einem Guss vorantreibt. Verbände wie das „Natural Resources Defense Council“ sehen darin ein „Desaster“. Sprecherin Shelley Poticha befürchtet, das Umweltbedenken bei großen Bauvorhaben untergebuttert werden.

Auf demokratischer Seite werden andere Akzente gesetzt. Mindestens eine Billion Dollar würde die Oppositionspartei im Kongress in die Hand nehmen wollen, um den „Dritte-Welt-Standard“ zu bekämpfen, den der frühere Verkehrsminister Ray LaHood der Infrastruktur seines Land bescheinigt hat. „Amerika ist ein einziges großes Schlagloch“, sagte der Demokrat. Für die Republikaner, denen bereits die Mindereinnahmen durch Trumps große Steuerreform plus Mehrausgaben fürs Militär (insgesamt zwei Billionen Dollar auf zehn Jahre gerechnet) alles andere als geheuer sind, kommt ein solches Finanzvolumen nicht in Frage.

Aber wie könnte das nötige Geld sonst eingetrieben werden? Möglich wäre eine Erhöhung des Benzinsteuer von 18,4 Cent pro Gallone, die seit 1993 unangetastet ist. Die US-Handelskammer schlägt eine Anhebung auf 25 Cent vor, was dem Fiskus binnen eines Jahrzehnts 375 Milliarden Dollar zusätzlich einbringen würde.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Assange und das Recht
Kommentar zur aufgeschobenen Auslieferung Assange und das Recht
Zum Thema
Aus dem Ressort