Maas auf Afrika-Reise Tansania will keine Entschädigung für deutsche Kolonialzeit

Daressalam · Seit Jahren verhandelt Deutschland mit dem südwestafrikanischen Namibia über Wiedergutmachung für Gräueltaten in der Kolonialzeit. Auch in Ostafrika gingen deutsche Kolonialherren brutal vor. Der Umgang mit der Vergangenheit ist dort aber ein anderer.

 Außenminister Heiko Maas im Gespräch mit Studenten an der Universität von Daressalam.

Außenminister Heiko Maas im Gespräch mit Studenten an der Universität von Daressalam.

Foto: Simon Fidelis

Kurz vor dem 100. Jahrestag des Endes der deutschen Kolonialherrschaft in Tansania sind Entschädigungsforderungen für die Regierung des ostafrikanischen Landes kein Thema.

Außenminister Augustine Mahiga wies nach einem Treffen mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas in Daressalam den Ruf einzelner Politiker und Gruppierungen in Tansania nach Reparationen zurück. "Es ist kein Thema, das die Regierung aufgegriffen hat und wir denken, dass es andere Wege der gegenseitigen Unterstützung als die Forderung nach Entschädigung gibt", sagte er.

Mahiga sah auch von der Forderung nach Rückgabe von afrikanischen Kunstobjekten aus deutschen Museen ab und wünschte sich stattdessen Hilfe bei archäologischen Projekten in Tansania. Über die Rückführung menschlicher Gebeine aus deutschen Sammlungen müsse man aber sprechen.

Maas sagte Tansania Hilfe bei der Restaurierung kolonialer Bauten zu. Man wolle "Erinnerungsmeilensteine architektonischer Art erhalten". Der Minister gedachte der afrikanischen Opfer des Ersten Weltkriegs. Am Denkmal für die afrikanischen Kämpfer in den europäischen Kolonialtruppen, die sogenannten Askari, legte er einen Kranz nieder. Nach seiner Ankunft in Tansania hatte er betont, "dass 100 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg den afrikanischen Opfern zu wenig Erinnerung zugute kommt".

Tansania gehörte von 1885 bis 1918 zu Deutsch-Ostafrika, der größten und bevölkerungsreichsten deutschen Kolonie in Afrika. Im Ersten Weltkrieg kämpften und starben Tausende Askari auf der Seite des deutschen Kaiserreichs im Krieg gegen die britischen, belgischen und portugiesischen Kolonialmächte. Die Gesamtzahl der Kriegstoten in Ostafrika geht in die Hunderttausende.

Die Kolonialgeschichte spielt im heutigen Tansania kaum noch eine Rolle. Auch Maas plädierte in Daressalam dafür, nach vorne zu schauen, ohne die Erinnerung zu verdrängen. "Wir wollen aus der Vergangenheit eine Brücke über die Gegenwart in die Zukunft schlagen", sagte er.

Zwischen 1905 und 1907 war in Tansania der sogenannte Maji-Maji-Aufstand von deutschen Kolonialtruppen brutal niedergeschlagen worden. Viele Tausend Rebellen kamen ums Leben. Die Auseinandersetzung mit der Kolonialvergangenheit spielt in Tansania aber eine weitaus geringere Rolle als in Namibia, dem früheren Deutsch-Südwestfrika.

Seit Jahren verhandelt Deutschland mit Namibia über Wiedergutmachung für die während der Kaiserzeit von Kolonialherren begangenen Gräueltaten. Eine Einigung ist nicht in Sicht. "Die namibischen Erwartungen sind deutlich höher, als das, was Deutschland tun kann", sagte der deutsche Verhandlungsführer Ruprecht Polenz kürzlich der dpa. Um welche Summen es bei den Verhandlungen genau geht, hat bislang keine Seite preisgegeben.

Das deutsche Kaiserreich ging im sogenannten Deutsch-Südwestafrika skrupellos vor, bis hin zum Völkermord an den Stämmen der Herero und Nama. Von 1904 bis 1908 wurden Zehntausende getötet. Seit 2015 spricht auch die Bundesregierung offiziell von einem "Völkermord". Der Maji-Maji-Aufstand wird dagegen von Tansania als kriegerische Auseinandersetzung angesehen.

Tansania war nach Äthiopien die zweite Station der ersten Afrika-Reise des neuen Außenministers. In Daressalam besuchte er auch eine Schule, an der Deutsch unterrichtet wird, und reiste dann weiter nach Arusha in der Nähe des Kilimandscharos, des höchsten Berges Afrikas.

Dort besucht der SPD-Politiker den Afrikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und die Ostafrikanische Gemeinschaft. Die EAC ist eine regionale Wirtschaftsunion, der sechs Länder mit 170 Millionen Einwohnern angehören. Ostafrika ist laut Weltbank die afrikanische Region mit dem höchsten Reformtempo.

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