Konflikte Türkei startet erste Bodenoffensive in Syrien

Istanbul · Mit dem türkischen Einmarsch in Syrien erreicht der Bürgerkrieg dort eine neue Dimension. Die Offensive richtet sich gegen die Terrormiliz IS. Tatsächlich dürfte Ankara vor allem die Kurden aufhalten wollen.

 Türkische Panzer an der Grenze zu Syrien.

Türkische Panzer an der Grenze zu Syrien.

Foto:  Sedat Suna

Türkische Bodentruppen haben erstmals eine Offensive im syrischen Bürgerkrieg begonnen und in Nordsyrien die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) angegriffen. Panzer der türkischen Armee überquerten am Mittwoch die Grenze und rückten auf die IS-Bastion Dscharablus vor.

Ankaras Militär unterstützt einen Angriff von Einheiten der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA). Diese rückten ebenfalls von der Türkei über die Grenze in Richtung auf Dscharablus vor.

Staatschef Recep Tayyip Erdogan erklärte, der Einsatz sei "gegen Bedrohungen gerichtet", die für die Türkei von Terrororganisationen wie dem IS oder der syrischen Kurdenmiliz YPG ausgingen. "Hinter diese Angriffe muss jetzt ein Schlusspunkt gesetzt werden", sagte Erdogan in Ankara. "Das müssen wir lösen." Türkische Artillerie und Kampfflugzeuge hatten Dscharablus am Morgen zunächst aus der Luft bombardiert.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu drohte zugleich auch den Kurden im Norden Syriens. Der syrischen Kurdenpartei PYD und ihren Milizen warf er vor, den Kampf gegen den IS nur als Vorwand zu benutzen, um ein eigenes Herrschaftsgebiet in Syrien aufzubauen. "Wir werden diese geheime Agenda durchkreuzen", sagte Cavusoglu.

Bei der Offensive "Schutzschild Euphrat" dürfte es der Türkei neben der Bekämpfung des IS vor allem darum gehen, einen weiteren Vormarsch syrischer Kurden zu verhindern. Die kurdischen Volksschutzeinheiten YPG - die Kampftruppe der PYD - haben vom IS in Syrien bereits mehrere Gebiete erobert und beherrschen den größten Teil der rund 900 Kilometer langen Grenze zur Türkei. Unterstützung erhalten sie von Luftangriffen der US-geführten internationalen Koalition.

Die PYD ist eng mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden. Die Türkei sieht beide Kräfte als Terrororganisationen an. Sie will unter allen Umständen vermeiden, dass an ihrer Südgrenze ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet der Kurden entsteht.

Dscharablus ist eine der letzten größeren Bastionen des IS an der Grenze zur Türkei. Der Ort liegt rund 35 Kilometer nördlich der Stadt Manbidsch, die erst kürzlich von einem Bündnis unter Führung der YPG zurückerobert worden war. Sollte der IS Dscharablus verlieren, wäre das ein schwerer Rückschlag für die Extremisten, weil Nachschubwege darüber laufen.

Die Offensive stieß bei den syrischen Kurden auf Kritik. "Die Türkei ist im syrischen Sumpf", schrieb der Co-Vorsitzende der syrischen Kurdenpartei PYD, Salih Muslim, auf Twitter. "Wird besiegt werden wie Daesh." Daesh ist die arabische Abkürzung für den IS. In Erwiderung auf Muslim erklärte der türkische Außenminister Cavusoglu: "Unsere Absicht ist es, den Sumpf trockenzulegen."

Nach Angaben von Rebellen brachten die syrischen Milizen westlich von Dscharablus zwei Dörfer unter ihre Kontrolle. Es gebe heftige Kämpfe mit Anhängern des IS. Auf Rebellenseite sind mehrere Gruppen an der Offensive beteiligt, die zu der als moderat geltenden Freien Syrischen Armee (FSA) zählen. Darunter sind auch islamistische Milizen. Nach Angaben des FSA-Beraters Usama Abu Seid hat der eigentlich Sturm auf Dscharablus jedoch noch nicht begonnen.

Türkische Spezialkräfte waren laut einem Medienbericht bereits im vergangenen Mai auf syrischem Boden aktiv gewesen. Damals meldete die US-Zeitung "Wall Street Journal" unter Berufung auf US-Offizielle, der Einsatz einer kleinen Gruppe von Soldaten habe dazu gedient, IS-Raketenangriffe auf die Türkei zu stoppen.

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