Kommentar zum Nahen Osten Strategie gescheitert

Meinung | Istanbul · Nach den Angriffen auf Ölanlagen in Saudi-Arabien hat US-Präsident Donald Trump den Verbündeten in der Region erneut die Unterstützung der USA zugesagt. Trumps Druck hat Teheran nicht gebändigt, sondern gefährlicher gemacht, kommentiert Thomas Seibert.

Die US-Politik des "maximalen Drucks" auf den Iran ist gescheitert. Trumps Druck hat Teheran nicht gebändigt, sondern gefährlicher gemacht. Washington wollte den Iran daran hindern, Gruppen wie die Huthis im Jemen zu unterstützen – doch nun greifen die Huthis saudische Ölanlagen an. Trump wollte Teheran zur Hinnahme weiterer Einschränkungen des iranischen Atomprogramms zwingen – doch nun bricht der Iran immer mehr Vorgaben des Atomdeals. Das Weiße Haus wollte den Iran international isolieren – doch nun redet Trump selbst über ein Treffen mit Präsident Ruhani. Als Endziel peilte Trumps Politik mehr Ruhe in Nahost an – nun droht Krieg.

Die USA tragen dabei nicht die gesamte Verantwortung für die Eskalation. Der Iran betreibt eine gefährliche Politik, die der Gegenseite klarmachen soll, wie teuer ein Krieg gegen das Land werden würde – und die das Risiko eines solchen Krieges erheblich erhöht. Auch die Führung Saudi-Arabiens trägt eine Mitschuld. Ihr zerstörerischer Krieg im Jemen kann die Huthis nicht besiegen und treibt die Rebellen zu einer Guerilla-Taktik, die dank moderner Drohnentechnologie tief auf saudischem Gebiet große Schäden anrichten kann. Trumps Regierung hat kein Konzept, um dieser komplexen Situation zu begegnen. Ausschließlich auf eine Ausgrenzung des Iran zu setzen, ist weltfremd. Das Mullah-Regime ist und bleibt ein Faktor im Nahen Osten, ob man das will oder nicht. Der Iran mischt im Irak wie im Libanon mit.

Während Trump am Montag über Vergeltungsschläge gegen Teheran nachdachte, setzte sich Ruhani mit den Präsidenten Russlands und des Nato-Mitglieds Türkei zusammen, um über die Lage in Syrien zu reden. Auch die Hoffnung, dass sich die iranische Bevölkerung unter dem Druck der Sanktionen gegen die Ajatollahs erheben werde, ist fehlgeleitet. Mit dem CIA-Staatsstreich gegen Premier Mossadegh in den 1950er Jahren und der US-Unterstützung für das Schah-Regime haben sich die USA ihren Ruf bei vielen Iranern dauerhaft verdorben.

Die Idee hinter dem Atomabkommen, den Iran in einen Gesprächsprozess einzubinden und durch Interessenverflechtung mit der Außenwelt berechenbarer zu machen, ist nach wie vor die beste Methode, mit Teheran umzugehen. Dieser Weg ist schwierig und wird aus dem Iran keine westliche Demokratie machen. Doch er verspricht Mäßigung: Es ist schwer vorstellbar, dass die saudischen Ölanlagen angegriffen worden wären, wenn sich der Iran nicht genötigt sähe, auf "maximalen Druck" zu reagieren.

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