Präsidentschaftswahl Schicksalstag für den Friedensprozess in Kolumbien

Bogotá · Erstmals seit langem steht Kolumbien vor einer echten Richtungsentscheidung: Die Kandidaten aus dem rechten und linken Lager haben grundverschiedene Zukunftsvisionen. Vor allem der Friedensprozess spaltet die Gesellschaft.

 Eine Wahlhelferin bereitet in Bogota ein Wahllokal für die Präsidentschaftswahl vor.

Eine Wahlhelferin bereitet in Bogota ein Wahllokal für die Präsidentschaftswahl vor.

Foto: Fernando Vergara/AP

Die Kolumbianer haben einen neuen Präsidenten gewählt. Bei der Abstimmung am Sonntag ging es auch um die Zukunft des historischen Friedensabkommens mit der linken Guerillabewegung Farc.

"Die Demokratie in Kolumbien ist heute offener und vielfältiger als früher", sagte Amtsinhaber und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos, nachdem er seine Stimme abgegeben hatte.

Vor rund eineinhalb Jahren hatte Santos den seit Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieg mit der Farc mit einem Friedensvertrag beigelegt. Trotz vieler ungelöster Probleme ist das südamerikanische Land dadurch wesentlich sicherer geworden. Allerdings ist der international bejubelte Friedensprozess in Kolumbien selbst äußerst umstritten.

Nach Einschätzung der Rechten hat der Staat den Rebellen zu viele Zugeständnisse gemacht. Beispielsweise müssen sie nur relativ milde Strafen fürchten und erhalten zehn garantierte Sitze im Parlament. Nach Ansicht der Linken hingegen erfüllt die Regierung ihre Zusagen an die Ex-Guerilleros wie Schutz vor Angriffen und Unterstützung bei der Rückkehr ins zivile Leben nicht.

Bei der Wahl am Sonntag deutete alles auf einen Sieg des konservativen Kandidaten Iván Duque hin. Der Politiker der rechtsgerichteten Partei Centro Democrático will das Abkommen in wesentlichen Punkten ändern und könnte die Ex-Rebellen damit zurück in den Untergrund treiben. Sein Konkurrent Gustavo Petro aus dem linken Lager hingegen will an dem Vertrag festhalten. Amtsinhaber Santos darf nicht noch einmal antreten.

"Die Kolumbianer haben zum ersten Mal eine echte Wahl zwischen zwei klar voneinander unterschiedenen politischen Positionen", sagte die Kolumbien-Referentin des Lateinamerika-Hilfswerks Adveniat, Monika Lauer Perez. "Die hohe Wahlbeteiligung im ersten Wahlgang hat bereits gezeigt, dass auch die Bevölkerung die Wahl als Richtungsentscheidung wahrnimmt. Es stehen sich nicht wie in der Vergangenheit zu oft einige Kandidaten der politischen Elite gegenüber, die sich nur in Nuancen voneinander unterscheiden."

Der künftige Präsident steht vor großen Herausforderungen: Er muss die große Armut in dem Land bekämpfen, die Friedensverhandlungen mit der kleineren Guerillaorganisation ELN zum Abschluss führen, ein Rezept gegen die sich ausbreitenden kriminellen Banden finden und dem Drogenhandel Einhalt gebieten.

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