Nach Unruhen im Iran Ruhani fordert Freilassung aller Studenten nach Protesten

Teheran · Die Reaktionen auf die regimekritischen Unruhen zeigen, wie tief die politischen Gräben im Iran sind. Die Reformer fordern eine lückenlose Aufklärung, die Hardliner wollen alle sozialen Medien abschaffen.

 Der iranische Präsident Hassan Ruhani erwartet eine lückenlose Aufklärung der Umstände, unter denen tausende Demonstranen festgenommen wurden.

Der iranische Präsident Hassan Ruhani erwartet eine lückenlose Aufklärung der Umstände, unter denen tausende Demonstranen festgenommen wurden.

Foto: Vahid Salemi

Nach den regimekritischen Protesten der vergangenen Woche hat der iranische Präsident Hassan Ruhani die Freilassung aller inhaftierten Studenten gefordert. Das gab Wissenschaftsminister Mansur Gholami nach einer Kabinettssitzung bekannt.

"Nach Konsultationen mit dem Innenminister und dem Geheimdienstchef forderte der Präsident die Freilassung aller Studenten binnen 24 bis 48 Stunden", sagte der Minister.

Mehr als 3700 Demonstranten sollen bei den Unruhen festgenommen worden sein. Über die genaue Anzahl der Studenten gibt es keine Angaben, die Rede ist von über 100. Zwischen der Staatsführung und dem mächtigen Klerus herrscht Streit über den Umgang mit den Protesten. Die Demonstranten hatten in sozialen Netzwerken über ihre Aktivitäten berichtet. Die iranische Justiz will deshalb Internetdienste wie Telegram und Instagram sperren lassen.

"Vom Innenminister erwarte ich binnen einer Woche einen detaillierten Bericht und eine lückenlose Aufklärung der Umstände, auch zu den Festgenommenen und zu den Toten", sagte Ruhani in der Kabinettssitzung. Bei den Unruhen wurden Ende Dezember bis Anfang Januar mindestens 18 Demonstranten getötet, zwei weitere kamen während der Proteste bei einem Unfall ums Leben.

Für Aufsehen sorgte der Selbstmord eines inhaftierten Demonstranten im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Nordteheran. Ein 22-Jähriger soll sich in der Toilette erhängt haben. Das jedoch halten viele Beobachter für unwahrscheinlich, da die Toiletten im Ewin-Gefängnis viel zu klein seien, um sich dort zu erhängen. Einige Reformer im Parlament befürchten, dass er im Gefängnis gefoltert wurde und dabei gestorben sei. Die Staatsanwaltschaft überprüft den Fall.

Die iranische Justiz will nach den Unruhen die sozialen Medien ganz abschaffen. Diese Entscheidung betreffe besonders die beiden im Iran noch nicht gesperrten Messaging- und Foto-Video-Apps Telegram und Instagram. "Diese Medien verbreiten nicht nur Inhalte gegen die innere Sicherheit des Landes, sondern auch gegen die islamischen Werte", sagte der Vizegeneralstaatsanwalt Abdul-Samad Chorramabadi. Sie seien unkontrollierbar und müssten daher ganz blockiert werden, sagte der Kleriker in einem Interview des Nachrichtenportals Mizan-Online.

Bei den jüngsten Protesten wurden die sozialen Medien als Kommunikationsmittel der Demonstranten benutzt. Seitdem gibt es im Land hitzige Diskussionen über das Thema zwischen den Reformern und Hardlinern. Die Hardliner wollen das Internet voll und ganz kontrollieren und fordern ein lokales Netzwerk. Die Regierung Ruhanis, besonders das Kommunikationsministerium, sind strikt dagegen.

Für viele Iraner spielen die Diskussionen keine große Rolle. Seit Jahren nutzen Millionen Menschen verbotene Webseiten und Facebook oder Twitter über VPN-Apps. Neue Gesetze diesbezüglich werden nicht sehr ernst genommen, da auch die politische Führung des Landes gegen sie verstößt.

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