Kommentar zum US-Angriff auf syrischen Stützpunkt Riskanter Luftschlag

Meinung | Berlin · Der US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt könnte US-Präsident Donald Trump könnte dem militanten islamistischen Terrorismus in die Hände spielen, glaubt GA-Autor Gregor Mayntz.

 Der Zerstörer USS Porter (DDG 78) beim Abfeuern einer Tomahawk-Rakete.

Der Zerstörer USS Porter (DDG 78) beim Abfeuern einer Tomahawk-Rakete.

Foto: Ford Williams/U.S. Navy/AP

Es ist ein Vorgehen, das breitbeinig und vollmundig mit locker sitzendem Colt auftretende Cowboys lieben, und alle, die davon träumen, dass so die Welt funktioniert: "Gebt ihm eine starke Antwort." Mit der Anordnung des Luftschlages auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt dürfte US-Präsident Donald Trump auch unter dem Zugzwang seiner eigenen Worte im Wahlkampf gesteckt haben. Schließlich hatte er seinen Vorgänger Barack Obama dafür kritisiert, dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad den Einsatz von Giftgas als "rote Linie" aufgezeigt zu haben, ohne dann auf das Überschreiten eben dieser Linie militärisch zu reagieren.

Insofern werden Trump-Anhänger einen weiteren Grund haben, ihr Idol zu feiern. "Great again" - Amerika reagiert wieder mit Stärke, zeigt der Welt mit den MItteln der Gewalt den Weg. Die noch in der Nacht vom Pentagon veröffentlichten Videos vom Start der Marschflugkörper unterstreichen dies.

Darüber dürfte zunächst die nebensächlich klingende Überlegung unter den Tisch fallen, ob Obama den eigentlichen Fehler beging, als er auf Assads Chemiewaffeneinsatz nicht unmittelbar reagierte, oder ob es der größere Fehler war, die Grenze zuerst öffentlich aufzuzeigen und erst hinterher zu erkennen, dass ein Militärschlag zu riskant und folgenreich sein könnte. Bei Obama ging es zumindest um eine langfristige konstruktive Perspektive: die öffentlichkeitswirksame Vernichtung von größeren Mengen chemischer Kampfstoffe.

Wie konstruktiv oder destruktiv der Luftschlag von Trump war, werden vermutlich schon die nächsten Tage zeigen. Es war ein zähes Ringen gewesen, während vor Ort weitere Tausende unschuldige Menschen in einem grausamen Gemetzel starben, das internationale militärische Vorgehen auf den Kampf gegen den islamistischen Terrorrismus zu konzentrieren. Aber es gelang.

Dass Russland und die syrischen Streitkräfte wiederholt diesen Kampf gegen den Terror nur zum Vorwand nahmen, auch gegen Rebellengruppen vorzugehen, hat der Westen oft zu beklagen gehabt. Aber er blieb wenigstens seiner eigenen Linie treu. Die hat Trump verlassen. Sein Versuch, Assad eine klare Botschaft zu senden, birgt die große Gefahr, dass die mühsam erreichte Grundverständigung über Syrien zerbricht, dass nun wieder jeder gegen jeden kämpft. Das war immer Assads Ziel - seine einzige Möglichkeit, an der Seite Russlands zu überleben.

Trumps Militärschlag gegen syrische Streitkräfte könnte nur dann den Weg zu einer Stabilisierung der Region und zu einem Ende des Blutvergießens bereiten, wenn die USA bereit wären, sich massiv in Syrien zu engagieren. Und zwar als Ordnungsmacht einer von den Vereinten Nationen legitimierten Friedensmission. Mit Zehntausenden, ja hunderttausenden von Soldaten und der Bereitschaft, am Anfang einen hohen Preis zu zahlen.

Die bisherige Überzeugung Trumps weist indes auf das Gegenteil hin: Möglichst wenig US-Einsatz, möglichst wenig US-Verantwortung außerhalb der USA. Damit hätte er das Vorgehen Amerikas im Irak auf Syrien übertragen: Kaputt machen und sich davonstehlen. Darunter haben viele Iraker gelitten und nur einer profitiert: Der militante islamistische Terrorismus. Das droht nun auch durch Trumps Angriff auf den syrischen Stützpunkt.

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