Pläne der EU Reform zum digitalen Urheberrecht bleibt umstritten

Brüssel · Die Pläne der EU, urheberrechtlich geschützte Inhalte vor dem Ausverkauf im Netz zu bewahren, hat für viel Wirbel gesorgt. Oftmals fehlten den Behauptungen der Kritiker jegliche Grundlage. Anfang 2019 beginnt eine Art Vermittlungsverfahren zwischen EU und Mitgliedstaaten.

Bis zu 70.000 Mails am Tag, regelrechte Telefon-Bombardements, verfälschende Videos auf Youtube – selbst für erfahrene EU-Parlamentarier war diese Welle beispiellos. Einige Volksvertreter berichteten, dass Kinder sogar über das neue EU-Urheberrecht sprechen wollten, weil YouTube behauptet habe, das Internet würde abgeschaltet. „Eine Desinformationskampagne, sehr bitter“, beklagte zwischenzeitlich der Bonner CDU-Europa-Abgeordnete Axel Voss, Berichterstatter für das Thema.

Dabei wollten die EU-Kommission und das Abgeordnetenhaus doch eigentlich nur eines erreichen: Urheberrechtlich geschützte Inhalte sollen vor dem Ausverkauf bewahrt werden. Dafür müssten die Plattform-Betreiber sorgen. Das umstrittene Instrumentarium dafür beinhalten die Artikel 11 und 13 der Richtlinie: Zum einen haben Anbieter wie YouTube, Google oder andere künftig dafür zu sorgen, dass geschützte Songs, Videos, Bilder oder Texte lizensiert werden – soll heißen: Sie müssen für deren Veröffentlichung zahlen. Artikel 13 fordert eine angemessene Abgabe, die den Verlagen ebenso zukommt wie Künstlern, Autoren und Kulturschaffenden.

Doch der Streit eskalierte spätestens mit der Behauptung, die EU werde automatische Uploadfilter vorschreiben, die schon beim Bereitstellen eines urheberrechtlich geschützten Werkes anschlagen und diese verhindern, falls keine Lizenz erworben wurde. In den einschlägigen Netzforen liefen die User Sturm. Befürchtungen und Behauptungen wurden verbreitet. Wird Wikipedia die Geschäftsgrundlage entzogen? (Nein, natürlich nicht.) Darf ein Nutzer künftig noch auf seiner Facebook-Seite auf einen interessanten Zeitungsartikel verweisen. (Ja, da gibt es keine Einschränkungen). Die Konzerne mischten fleißig mit und schürten das Feuer. Schließlich, so die Grünen-Abgeordnete Helga Trüpel, gestalten sie „mit Inhalten, die andere erstellt haben, ein attraktives Umfeld für ihre Werbekunden und machen so Milliardenumsätze, ohne die Urheber an den Einnahmen zu beteiligen“.

Unglaubwürdiger Widerstand

Im September beschloss das Parlament die Reform, die aber schon vorher entschärft worden war – aber das hatten viele Gegner offenbar nicht bemerkt. Von einer Pflicht zur Nutzung von Uploadfiltern, mit denen der Vorwurf der Zensur gestützt wurde, war im Gesetzesentwurf nie die Rede. Der Widerstand blieb ohnehin wenig glaubwürdig: Bei Facebook etwa sind solche automatischen Filter bereits seit rund zehn Jahren im Einsatz, um nackte Brüste und Terrorposts zu verhindern – und ohne die Meinungsvielfalt zu beschränken.

Doch noch ist die Reform nicht wirklich beschlossen: Anfang des nächsten Jahres beginnt der sogenannte Trilog an, eine Art Vermittlungsverfahren, bei dem die Vertreter des EU-Parlamentes mit den Beauftragten der Mitgliedstaaten verhandeln. Verlage und Gewerkschaften, die das Vorhaben immer begrüßt hatten, befürchten einen allzu weichen Kurs der EU-Regierungen. Sie könnten versucht sein, jedes Verärgern der Internetkonzerne zu vermeiden, heißt es – vor allem, da es in der Mehrzahl um US-Unternehmen geht.

Die Beziehungen zu Washington sind wegen eines drohenden Handelskrieges bereits angespannt. Außerdem gelten einige Mitgliedstaaten, in denen die US-Internet-Riesen ihre Europa-Zentralen haben, als wenig bereit, diesen Investoren in den Rücken zu fallen.

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