Kommentar zum deutsch-türkischen Verhältnis Provokateur

Meinung · Parlamentsarmee ist für Erdogan sicher ein Fremdwort, aber dann muss man es ihm eben buchstabieren, kommentiert GA-Redakteur Holger Möhle.

Die Liste der gezielten Provokationen wird immer länger: Bundestagsabgeordnete dürfen nicht nach Incirlik, nicht nach Ankara, nicht nach Diyarbakir, und jetzt auch nicht nach Konya, wo deutsche Soldaten in Awacs-Maschinen der Nato als Teil der Anti-IS-Koalition den Luftraum über Syrien überwachen. Dabei hat die Nato mit Beschluss des letzten Gipfels Ende Mai bewusst die Flagge gehisst: Seitdem ist das Bündnis auch als Ganzes Teil der Anti-IS-Koalition, was vorher schon jedes einzelne seiner Mitglieder war.

Doch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kennt in seiner mittlerweile unverhohlenen Abneigung gegenüber Deutschland nur noch eine Grenze: eine geschlossene türkische, sobald deutsche Volksvertreter einreisen wollen. Erdogan, der sich längst wie der Sultan von Ankara verhält, setzt Nadelstiche gegen Deutschland, wo er kann. Allerspätestens seit dem gewonnenen Verfassungsreferendum agiert er mit absolutem Machtverständnis.

Vermutlich würde Erdogan still jubeln, wenn Deutschland nach dem von der Türkei provozierten Abzug der Bundeswehr aus Incirlik nun seine Soldaten auch vom Nato-Stützpunkt Konya abzöge. Doch dieses Mal muss der Konflikt im Bündnis geklärt werden. Gerade die Türkei mit ihrer Grenze zu Irak und Syrien profitiert vom Einsatz der Nato-Awacs-Maschinen in der Koalition gegen die Terrormiliz IS. Deutschland zeigt dabei jene Solidarität, die der störrische Nato-Partner Türkei verächtlich mit Füßen tritt. Parlamentsarmee ist für Erdogan sicher ein Fremdwort, aber dann muss man es ihm eben buchstabieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Blauäugig
Blauäugig
Kommentar zu den Brexit-VerhandlungenBlauäugig