Politischer Neustart Macron kann mit großer Parlamentsmehrheit Reformen angehen

Paris · Politischer Neustart in Frankreich: Die Erwartungen an Präsident Macron sind immens. Doch seine breite parlamentarische Basis ist weitgehend ohne Erfahrung. Das birgt Risiken.

Mit einer starken absoluten Parlamentsmehrheit kann Frankreichs Präsident Emmanuel Macron seine Reformpolitik angehen. Dafür werde Macron das noch neue Kabinett technisch umbilden, sagte Regierungssprecher Christophe Castaner dem Sender RTL.

Premierminister Edouard Philippe werde im Amt bleiben und die Reformregierung werde geringfügig angepasst.

Macrons Mitte-Lager war bei der Wahl am Sonntag aus dem Stand auf 350 der 577 Sitze in der Nationalversammlung gekommen. Diese wird zu drei Vierteln mit Politneulingen besetzt sein. Die Opposition ist stark geschwächt und zudem in teils unversöhnliche Lager zersplittert. Neu ins Parlament gewählt wurde auch die Chefin der Rechtspartei Nationale Front, Marine Le Pen, die bei der Präsidentenwahl erst in der Stichwahl gegen Macron gescheitert war.

Erwartet werde die Ernennung weiterer Staatssekretäre zur Entlastung der Minister mit großem Aufgabenbereich, schrieb "Le Parisien". Castaner zufolge wollte die Regierung wie nach einer Parlamentswahl üblich zurücktreten. Das künftige Kabinett werde in den nächsten Tagen ernannt werden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sicherte Philippe Unterstützung bei der Verankerung Frankreichs in einem starken Europa zu.

Macron war erst vor sechs Wochen in den Élyséepalast gewählt worden. Der 39-Jährige will noch in diesem Monat eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts und ein neues Anti-Terror-Gesetz auf den Weg bringen. Zudem strebt er weitreichende Reformen in der vom angekündigten Austritt Großbritanniens verunsicherten Europäischen Union an. Der frühere Wirtschaftsminister setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit Deutschland.

Als politisch riskant wird gewertet, dass Macron sich im Parlament auf viele Politneulinge stützt, die sehr unterschiedlich politisch motiviert sind. Zu ihnen zählt die Biobäuerin Sandrine Le Feur (26) aus der Bretagne, die erst im Januar zu Macrons Partei gestoßen war. Le Feur baut mit ihrem Partner Bio-Gemüse an und will Umweltfragen ins Parlament bringen.

Ein weiteres Beispiel ist der Zahnchirurg Christophe Arend (41), der den Ortsverein der Macron-Partei in Forbach unweit der Grenze zum Saarland gründete. Ihm geht es um Europa, er will in der Grenzregion ein Modellprojekt zu einer deutsch-französischen Sozialpartnerschaft starten. Die Fernsehjournalistin Sandrine Mörch aus Toulouse im Süden war bei ihrer ersten Begegnung mit Macron vor drei Monaten von dessen zivilgesellschaftlicher Vision mitgerissen worden. Sie will im Parlament die schulische Ausgrenzung bekämpfen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort