Demonstrationen Paris setzt auf Härte gegen Sprit-Blockaden

Paris · Der Kampf um das französische Arbeitsrecht wird nun auch an der Zapfsäule ausgetragen. Proteste führen zu Versorgungsengpässen. Zweieinhalb Wochen vor der Fußball-EM ist keine Einigung in Sicht.

Blockade des Hafens von Saint-Nazaire: Aktionen gegen die Arbeitsmarktreform hatten in den vergangen Tagen zu Versorgungsengpässen geführt.

Blockade des Hafens von Saint-Nazaire: Aktionen gegen die Arbeitsmarktreform hatten in den vergangen Tagen zu Versorgungsengpässen geführt.

Foto:  Jean-Sebastien Evrard

Während Franzosen aus Sorgen vor einer Benzinknappheit die Tankstellen stürmen, hat die Pariser Regierung eine harte Linie gegen Blockierer von Treibstoffdepots angekündigt. Polizisten räumten die Blockade einer Raffinerie und eines Kraftstofflagers in der Nähe von Marseille.

Premierminister Manuel Valls warf der Gewerkschaft CGT vor, in ihrem Protest gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform Verbraucher und Industrie als Geiseln zu nehmen.

Weitere Standorte würden "befreit", versprach Valls während einer Nahost-Reise in einem Interview des Senders Europe 1. CGT-Chef Philippe Martinez kündigte im Gegenzug eine Ausweitung von Streiks an: "Wir rufen zu einer Generalisierung der Streiks auf, überall, in allen Sektoren." Valls spiele "ein gefährliches Spiel".

Blockaden und Streiks gegen die Arbeitsmarktreform hatten in den vergangen Tagen zu Versorgungsengpässen geführt. Nach Angaben von Verkehrsstaatssekretär Alain Vidalies war am Dienstag jede fünfte Tankstelle geschlossen oder von Ausfällen einzelner Kraftstoffsorten betroffen.

Auf eigens geschaffenen Karten im Internet informierten Menschen sich gegenseitig darüber, wo der Sprit fehlt, in einigen Regionen haben die Behörden Rationierungen angeordnet.

Vor geöffneten Zapfsäulen bildeten sicht teils große Schlangen - offenbar auch, weil manche Franzosen aus Sorge vor Knappheit vorsorglich den Tank füllen wollten. In den vergangenen drei Tagen habe man alle Verbrauchsrekorde getoppt, sagte Vidalies in der Nationalversammlung. In manchen Bereichen seien Anstiege um 500 Prozent zu beobachten. Die Behörden warnten mehrfach vor Panik und versicherten unisono mit der Öl-Industrie, es drohe keine Knappheit.

In Fos-sur-Mer bei Marseille setzten Polizisten am Morgen Tränengas gegen Gewerkschafter ein, die seit einem Tag die Zufahrten eines Depots und einer Raffinerie blockiert hatten. Die Aktivisten hätten die Beamten mit Steinen beworfen und Paletten sowie Reifen angezündet, sagte Polizeipräfekt Laurent Nuñez dem Sender BFMTV. Der CGT-Funktionär Emmanuel Lépine warf der Polizei gewaltsames Vorgehen vor und sagte, das seien beinahe "Kriegsszenen" gewesen.

Die Behörden schritten nach eigenen Angaben bereits mehrfach ein, weil Treibstofflager von außen blockiert wurden - die Regierung hält diese Aktionen für nicht legitim. Gegen Streiks von Mitarbeitern mehrerer Raffinerien geht die Polizei dagegen nicht vor.

Weitere Protestaktionen sind angekündigt. So wollten die Mitarbeiter des Rohöl-Terminals von Le Havre ab Dienstagabend ebenfalls streiken. Dort werden nach Angaben des Betreibers 40 Prozent der Rohöl-Importe des Landes abgewickelt. Für Donnerstag ist ein neuer Aktionstag gegen die Arbeitsmarktreform geplant.

Bei Fluglotsen, der Bahngesellschaft SNCF und dem Pariser Metro-Betreiber sind (nicht nur aufgrund des Konflikts um die Arbeitsmarktreform) in nächster Zeit ebenfalls Streiks angekündigt - zum Teil wenige Tage vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft am 10. Juni.

Die Arbeitsmarktreform soll das Arbeitsrecht flexibler machen. Für Unternehmen soll es damit leichter werden, Jobs zu schaffen - das Land leidet seit Jahren unter einer hohen Arbeitslosigkeit. Gegner fürchten um Arbeitnehmerrechte.

Mit Blick auf die Blockaden will der französische Energie-Konzern Total nun seine Investitionen in dem Land überdenken. "Das bringt uns dazu, die Pläne für Investitionen an allen unseren Standorten in Frankreich zu überprüfen", sagte Total-Chef Patrick Pouyanné nach Angaben der französischen Nachrichtenagentur AFP.

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