Scharfe Töne von beiden Seiten Nordkorea droht Trump und sagt Gespräche mit Südkorea ab

Seoul/Pjöngjang · Nach Wochen des politischen Tauwetters wählt die Führung in Pjöngjang wieder schärfere Töne. Der Gipfel zwischen Trump und Kim ist plötzlich wieder in Gefahr. Sind das Spielchen oder ist das eine ernste Gefahr?

 Donald Trump, Präsident der USA, und Kim Jong Un, Machthaber in Nordkorea, sind während einer Nachrichtensendung auf einem TV-Bildschirm zu sehen.

Donald Trump, Präsident der USA, und Kim Jong Un, Machthaber in Nordkorea, sind während einer Nachrichtensendung auf einem TV-Bildschirm zu sehen.

Foto: Ahn Young-Joon/AP

US-Präsident Donald Trump will im Clinch mit Nordkorea um das Atomprogramm des kommunistischen Landes auf einer Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel bestehen. Auf eine entsprechende Frage am Rande des Besuches des usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijajew in Washington antwortete Trump: "Ja!".

Trump reagierte damit auf Drohungen aus Nordkorea, das für 12. Juni in Singapur geplante Gipfeltreffen zwischen dem US-Präsidenten und Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un abzusagen. Eine offizielle Note aus Nordkorea gebe es nicht. "Wir haben nichts gesehen, wir haben nichts gehört", sagte Trump. "Wir werden sehen." Zuvor hatte seine Sprecherin Sarah Sanders erklärt, die Vorbereitungen für das Gipfeltreffen gingen auf US-Seite weiter.

Hintergrund des Ärgers in Nordkorea sind US-Militärmanöver mit Südkorea. Nordkorea sieht darin eine Provokation. Die USA argumentieren, die Militärübungen seien rein defensiver Natur, Kim aber habe sich in der Vergangenheit damit einverstanden erklärt.

Die zweiwöchige Militärübung "Max Thunder" simuliere einen Angriff auf den Norden und sei eine "bewusste militärische Provokation", kritisierte die von Kim als Sprachrohr genutzte Nachrichtenagentur KCNA.

Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye Gwan warf der Regierung in Washington zudem vor, sein Land in eine Ecke treiben zu wollen, um es zum einseitigen Verzicht auf Atomwaffen zu zwingen.

In diesem Fall werde Nordkorea keine andere Wahl haben, "als das Zustandekommen des nordkoreanisch-amerikanischen Gipfels zu überdenken", wurde Kim am Mittwoch von den Staatsmedien zitiert. Wenn die Regierung von US-Präsident Donald Trump dagegen den Gipfel mit ehrlichen Absichten plane, wolle sein Land angemessen reagieren.

Die Vorwürfe Nordkoreas nährten die Sorge, dass sich der Ton im Atomstreit nach den versöhnlichen Gesten der vergangenen Monate wieder deutlich verschärfen könnte. Der Streit gilt als einer der gefährlichsten Konflikte der Weltpolitik. Nordkorea verfügt nach eigenen Angaben über Raketen, die einen Atomsprengkopf bis auf das US-Festland befördern können.

Kim nahm Anstoß an Äußerungen des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton und anderer US-Regierungsvertreter, wonach Nordkorea bei der atomaren Abrüstung dem "Modell Libyen" folgen könne. Es sei "vollkommen absurd, die Volksrepublik, einen Atomwaffenstaat, mit Libyen zu vergleichen, das auf einer anfänglichen Stufe zu einer Atommacht stand", sagte Kim.

Libyen hatte vor 15 Jahren erklärt, seine Massenvernichtungswaffen im Gegenzug für die Aufhebung von Sanktionen zerstören zu wollen. Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi wurde später - am 20. Oktober 2011 - von Aufständischen getötet; die westlichen Atommächte unterstützten damals die Rebellen. Die nordkoreanische Führung betrachtet ihr Atomprogramm auch als Absicherung ihrer Macht.

Die USA verlangen von Nordkorea einen vollständigen, überprüfbaren und nicht mehr umkehrbaren Abbau seines Atomprogramms. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un hatte sich bei seinem Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In Ende April zu einer "kompletten Denuklearisierung" bereiterklärt. Unklar blieb, was das im Detail bedeutet und wie und bis wann dies erfolgen soll.

Nordkoreas Vize-Außenminister erklärte außerdem, dass es Pjöngjang kategorisch ablehne, das Atomwaffenarsenal des Landes im Gegenzug für Wirtschaftshilfen aufzugeben. Schon vor der Erklärung hatte Pjöngjang über die Medien ein laufendes Manöver der Luftstreitkräfte der USA und Südkoreas als Grund genommen, das geplante Treffen Kims mit Trump infrage zu stellen. Aus demselben Grund sagte Nordkorea hochrangig besetzte Versöhnungsgespräche mit Südkorea am Mittwoch ab.

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums bezeichnete die Militärübungen als regelmäßige Frühlingsmanöver, um Südkoreas Verteidigungsfähigkeit zu sichern. Auch das Verteidigungsministerium in Seoul betonte, das Manöver werde fortgesetzt.

China rief die USA und Nordkorea zu Kompromissen auf. Das Treffen der politischen Führer beider Länder sei eine "wichtige Chance" für den Frieden auf der koreanischen Halbinsel, erklärte das Außenministerium in Peking. Auch Russland hofft weiter auf ein erfolgreiches Gipfeltreffen Nordkorea-USA. "Wir beobachten, dass die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel abnehmen", sagte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Sie lobte die Entscheidung Nordkoreas, das Atomtestgelände Punggye Ri zu schließen.

Die für Mittwoch geplanten innerkoreanischen Gespräche hätten im Grenzort Panmunjom stattfinden sollen. Ziel war es gewesen, nach dem Gipfel am 27. April die Zusammenarbeit zu konkretisieren. Dass die Absage der Gespräche mit dem Militärmanöver begründet wird, wirft Fragen auf. Schließlich hatten sich beide Koreas am Dienstag auf die Gespräche geeinigt, obwohl die Übung bereits am Freitag begonnen hatte.

Südkorea äußerte sein Bedauern über die überraschende "Verschiebung". Das Vereinigungsministerium in Seoul rief das Nachbarland auf, so früh wie möglich Gespräche zu führen, die "dem Frieden und Wohlstand auf der koreanischen Halbinsel" dienten.

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