Schnellfeuer-Vorrichtungen in den USA Nach Bluttat in Las Vegas sollen „bump stocks“ verboten werden

Washington · Der Massenmord in Las Vegas war nach Einschätzung von FBI-Experten nur durch „bump stocks“ möglich. Stephen Paddock konnte so in wenigen Minuten mehrere tausend Schüsse abgegeben und 58 Menschen töten.

Sich gegen schärfere Waffengesetze zur Wehr zu setzen, liegt der NRA im Blut. Die „National Rifle Association“ schießt (mit Argumenten) in Amerika scharf auf jeden, der das in der Verfassung festgeschriebene Recht auf Besitz von Pistolen und Gewehren eingrenzen will.

Das Massaker von Las Vegas hat die millionenschwere Lobby-Organisation jetzt spektakulär umschwenken lassen. Umbausätze („bump stock“), die wie im Fall von Massenmörder Stephan Paddock halbautomatische Gewehre nachträglich zu kriegsähnlichen Maschinengewehren mit mehreren hundert Schuss pro Minute „pimpen“, bedürften neuer Gesetze, erklärte NRA-Boss Wayne La Pierre – ein Mann, der in der Vergangenheit gebetsmühlenartig erklärte, gegen einen „bösen Menschen mit einer Waffe hilft nur ein guter Mensch mit einer Waffe“.

Die leise Aufforderung der NRA macht es vor allem den Republikanern im Kongress leichter. Sonst taub auf dem Waffen-Ohr, sehen einflussreiche Konservative wie Paul Ryan, Sprecher des Repräsentantenhauses, plötzlich Korrekturbedarf. Dabei symbolisiert seine Reaktion, die aus Sicht von Kritikern der laxen Waffengesetze „Feigenblatt-Funktion“ hat, das ganze Dilemma. Dass „bump stocks“ (Gerätschaften, die am Kolben eines Gewehres angebracht werden und dem Schützen eine rasend schnelle Schussquote ermöglichen) seit Jahren legal in Supermarkt-Ketten wie Wal Mart erhältlich waren (akut ist der Verkauf gestoppt), war der Nr. 3 im Staatsgefüge nach Präsident Trump und Vizepräsident Pence nicht bekannt.

Dabei erfreuen sich die von einem Veteranen der US-Luftwaffe erfundenen Vorrichtungen, die zwischen 100 und 300 Dollar kosten, unter Waffen-Freunden einiger Beliebtheit. Jeremiah Cottels Firma „Slide Fire Solutions“ hat mit dem Produkt Millionenumsätze gemacht und gehört im texanischen 300-Seelen-Kaff Moran bei Dallas zu den wichtigsten Arbeitgebern. Der in Bosnien und Kosovo eingesetzt gewesene Ex-Soldat kam nach einer Hirnverletzung in Afghanistan auf die Idee, sein halbautomatisches Sturmgewehr zu frisieren. „Um beim Freizeitsport schneller schießen zu können.“

Hintergrund: Vollautomatische Gewehre sind seit 1986 in den USA für Zivilisten verboten. Waffe, die aus der Zeit davor datieren, sind unter hohen Auflagen legal aber extrem teuer. Nach der Arbeit an einem Prototypen aus Holz zog Cottell eine professionelle Herstellungskette auf, stellte Experten ein und startete mit der Produktion. Nach kurzer Zeit hatte das Unternehmen in der Szene den Status, den der Car-Tuner Brabus beim Aufmotzen von PS-Boliden besitzt.

Mit einem „bump stock“ von Slide Fire, das zeigen Videos, kann jeder Hobby-Schütze auf der heimischen Wiese mit seinem aufgemotzten AR-15 oder einer russischen AK-47 (Kalaschnikow) ein bisschen Rambo spielen. Gleichwohl muss Cottell irgendwann ein ungutes Gefühl beschlichen haben. 2010 holte er ein Gutachten bei der für „Alkohol, Tabak, Waffen und Sprengstoff“ zuständigen US-Bundesbehörde ATF ein, die damals unter der Verantwortung von Präsident Obama stand.

Ergebnis: Die Kontrolleure sahen keinen Regulierungsbedarf. Begründung: Es sei ja keine eigenständige Waffe. Seit Stephen Paddocks Ein-Mann-Feldzug gilt diese Sichtweise als naiv bis fahrlässig. Der 64-Jährige hatte bei dem Massaker im Mandalay Bay-Hotel zwölf seiner 23 Feuerwaffen mit „bump stocks“ nachgerüstet. Nur so, sagen FBI-Experten, war es ihm möglich in wenigen Minuten mehrere tausend Schüsse abzugeben und 59 Menschen zu töten. Der Gesetzgeber schickt sich nun an, das Schlupfloch zu schließen.

Nachfragen dieser Zeitung beantwortete Jeremiah Cottell gestern nicht. Der Internetseite des Unternehmens ist zu entnehmen, dass der Verkauf von „bump stocks“ vorläufig gestoppt ist. „Um bestehende Aufträge bestmöglich abzuarbeiten“. Der wahre Grund ist dramatischer. Auf Twitter machten viele Menschen „Slide Fire Solutions“ mit drastischen Kommentaren für das Massaker von Las Vegas mitverantwortlich.

Nicht auszuschließen, dass die Kleinstadt Moran bald einen wichtigen Arbeitgeber verliert.

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