Kommentar zur Ankündigung von Neuwahlen Mutige Entscheidung

Meinung | Madrid · Mariano Rajoy gibt den 7,5 Millionen Katalanen die Chance, an den Urnen einen demokratischen Ausweg aus der aktuellen politischen Sackgasse zu finden, kommentiert Ralph Schulze.

Es ist eine mutige Entscheidung von Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, in der Krisenregion Katalonien so schnell wie möglich Wahlen anzusetzen. Mit der Ankündigung, schon am 21. Dezember, also in knapp zwei Monaten, die Katalanen an die Urnen zu rufen, hat er alle überrascht. Es gibt wenig Zweifel, dass dieser neue Urnengang im Dezember in der tief gespaltenen Region zu einem indirekten Plebiszit über die Zukunft Kataloniens werden wird.

Mit dem Wahlgang schlägt Rajoy zwei Fliegen mit einer Klappe: Er sorgt dafür, dass nach der Absetzung der Separatistenregierung in Barcelona so schnell wie möglich wieder eine neue reguläre Regionalregierung ins Amt kommt. Und er gibt den 7,5 Millionen Katalanen die Chance, an den Urnen einen demokratischen Ausweg aus der aktuellen politischen Sackgasse zu finden.

Die Mehrheit der Katalanen, so sagen es die Umfragen, sieht nach Wochen politischer Spannungen und gesellschaftlicher Konfrontation eine Wahl als beste Lösung an. Dabei ist nicht zu übersehen, dass mit der Neuwahl unterschiedliche Hoffnungen verbunden werden.

Rajoy und das prospanische Lager setzen darauf, dass die kompromisslose Abspaltungspolitik des Separatistenchefs Carles Puigdemont auch bei den Unabhängigkeitsbefürwortern nicht ungeteilten Beifall findet. Im antispanischen Lager glauben derweil nicht wenige, dass die Separatistenbewegung gestärkt aus dem Wahlgang hervorgeht. Es gibt freilich noch einen dritten möglichen Wahlausgang: Alles bleibt beim Alten.

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