Konflikte Kabul: Schock über IS-Doppelanschlag mit mindestens 80 Toten

Washington/Kabul · Zwei Selbstmordattentäter sprengen sich bei einer Demonstration in Kabul in die Luft. Die Terrormiliz IS bekennt sich zu dem Doppelanschlag.

 Die beiden Attentäter zündeten ihre Sprengstoffgürtel inmitten einer Demonstration.

Die beiden Attentäter zündeten ihre Sprengstoffgürtel inmitten einer Demonstration.

Foto:  Hedayatullah Amid

Der verheerende Anschlag mit mindestens 80 Toten in der afghanischen Hauptstadt Kabul hat international Entsetzen ausgelöst.

Die USA sprachen von einer "feigen Attacke". Dass sie sich gegen friedliche Demonstranten gerichtet habe, mache sie noch verabscheuungswürdiger, hieß es in einer Erklärung des Weißen Hauses. Die USA und die internationale Gemeinschaft stünden im Kampf gegen "Kräfte, die Afghanistans Sicherheit, Stabilität und Wohlstand bedrohen", weiter fest an der Seite des afghanischen Volkes und der Regierung.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Terroranschlag als "verabscheuungswürdiges Verbrechen", das sich gegen Bürger gerichtet habe, die friedlich für ihre Grundrechte eingetreten seien. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, hieß es in einer Stellungnahme der Vereinten Nationen vom Samstag in New York weiter.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sprach von einem "furchtbaren Terroranschlag". Es sei augenscheinlich das Ziel der Attentäter gewesen, möglichst viele Menschen in den Tod zu reißen und zu verletzen. "Besonders in diesen Situationen ist es wichtig, dass das Land geeint dem Terror die Stirn bietet. Dabei teilen wir die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft des Landes", hieß es in der Erklärung des Auswärtigen Amtes weiter.

EU-Vertreter drückten den Familien und Freunden der Opfer ihr Mitgefühl und ihre Solidarität mit dem afghanischen Volk aus. "Wir rufen alle Afghanen auf, geeint zu bleiben, um die Bemühungen im Kampf gegen diese globale Bedrohung zu unterstützen", teilte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini mit.

Zwei Selbstmordattentäter hatten sich bei einer Demonstration von Schiiten in die Luft gesprengt. Dabei wurden auch mindestens 231 Menschen verletzt, wie das afghanische Innenministerium am Samstag mitteilte.

Nach Angaben des IS-Sprachrohrs Amak bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu der Tat. Nach Angaben der Organisatoren der Demonstration hatten sich mehr als 10 000 Menschen auf einem zentralen Platz versammelt, um gegen die Verlegung einer geplanten Hochspannungsleitung zu demonstrieren.

Zwei Attentäter zündeten nach Behördenangaben ihre Sprengstoffgürtel inmitten der Demonstration. Nach Angaben eines Geheimdienstmitarbeiters soll es einen dritten Selbstmordattentäter in der Menschenmenge gegeben haben, es gab aber keine offiziellen Angaben über dessen Verbleib. Ein Demonstrant sagte, seiner Beobachtung nach sei ein dritter Täter von Sicherheitskräften getötet worden, als dieser auf eine Gruppe Frauen zurannte.

Der Anschlag mache ihn "tieftraurig", erklärte Afghanistans Präsident Ashraf Ghani am Samstag. Unter den Opfern seien auch afghanische Sicherheitskräfte, fügte er hinzu. Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah verurteilte den Anschlag auf Twitter: "Es zeigt, dass Terroristen und ihre Verbündeten keinen Respekt vor Menschenleben haben."

Die Demonstration in Kabul hatte sich gegen die Verlegung der Route eines wichtigen Stromprojekts gerichtet. Ursprünglich hatte die geplante Überlandstromtrasse über die zentralafghanische Provinz Bamian verlaufen sollen. Nach einem späteren Gutachten wurde die Route aus Sicherheits- und technischen Gründen aber verlegt. Viele Demonstranten waren Mitglieder der Hasara, die größte ethnische Minderheit des Landes, die mehrheitlich die Bevölkerung von Bamian ausmacht. Sie protestierten gegen die wirtschaftliche Benachteiligung und fortgesetzte Diskriminierung ihrer schiitischen Ethnie.

Die sunnitische Terrormiliz IS hat wiederholt brutale Anschläge auf Schiiten in Syrien und im Irak verübt. Die Attacke am Samstag ist die erste gegen eine ethnische Minderheit in Kabul.

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