Des Papstes neue Kleider Lorenzo Gammarelli ist für die Gewänder des Kirchenoberhaupts zuständig

ROM · Es ist kein Moment der Freude, wenn der neu gewählte Papst sich zum ersten Mal in seine weißen Gewänder hüllt. Nachdem er die Wahl angenommen hat, begibt sich der Pontifex von der Sixtinischen Kapelle in die sogenannte Kammer der Tränen.

"Sicherlich wird sein Herz nicht vor Freude höher schlagen, ganz im Gegenteil", sagt der Kölner Kardinal Joachim Meisner, der am Konklave teilnehmen wird. Meisner weiß: "Was da auf ihn zukommt, wie sich die Wucht der Verantwortung auf ihn niederlegt!" Als Joseph Ratzinger 2005 gewählt wurde, habe man ihm diese Bürde förmlich angesehen.

Meisner sagt, er habe noch nie erlebt, "wie ein Mensch von jetzt auf gleich völlig verändert ist". Nur die wenigsten werden Zeugen dieser Metamorphose vom Kardinal zum Papst. Wenn stimmt, was berichtet wird, dann handelt es sich auch um einen tragischen Moment. Er ist der Ruhm einer ganzen Dynastie. Ihr Name ist Gammarelli.

Die Gammarellis sind die Schneider des Papstes. Seit sechs Generationen versorgen sie die Päpste mit Kleidern. Längst haben sie auch die Soutanen des künftigen Oberhaupts der Kirche genäht. Bis Mittwoch waren drei weiße Gewänder aus Baumwolle im Schaufenster der ehrwürdigen "Maßschneiderei für Geistliche" in der Nähe des Pantheons ausgestellt.

Der neue Papst hat je nach Körpergröße die Auswahl: Small, Medium, X-Large. "Eines davon muss passen", sagt Lorenzo Gammarelli (40), der heute mit zwei Cousins das Geschäft leitet. Auch die Mozzetta (Mantel) aus rotem Samt, deren Ränder mit Kaninchenfell besetzt sind, das Zingulum (goldgefasstes Soutanenband), das weiße Pileolum (Kopfbedeckung) und die roten Lederschuhe stehen bereit. Wenn der Nachfolger Benedikts feststeht, werden Milliarden Menschen die Garderobe im Fernsehen erblicken.

Seit 1922 stellen die Gammarellis vor jedem Konklave ein paar Tage lang die Kleider des Papstes aus. "Wir machen das für die Römer, denn der Papst ist ihr Bischof", sagt Gammarelli. Die zwölf Angestellten seien sich der Bedeutung der eigenen Arbeit sehr bewusst. Die besteht nicht nur in der Ankleidung des Papstes, sondern auch anderer Mitglieder des Klerus vom Seminaristen bis zum Kardinal. Das Zubehör findet sich in Schubladen mit Aufschriften wie "Zucchetti" (Kopfbedeckungen) oder "Rocchetti" (Umhänge). Geräuschlos erfüllen drei vornehme Herren in Jackett die Wünsche der Kunden.

In einem Regal lagern Stoffrollen, das Rot der Kardinäle, das Purpur der Bischöfe, Weiß für den Papst. Früher, berichtet Gammarelli, sei die Wahl des Papstes für Kardinäle und ihren Anhang die Möglichkeit gewesen, sich auch selbst in Rom neu einzukleiden. "Heute haben wir die Maße von fast allen, das geht längst telefonisch", sagt Gammarelli. Ratzinger passte 2005 übrigens keine der Soutanen, seine Strickjacke ragte unter den Ärmeln hervor, unten waren die weißen Beinkleider zu erspähen. "Speriamo bene", sagt Gammarelli, hoffen wir das Beste. Schon heute lässt er die Garderobe in den Apostolischen Palast bringen.

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