Angebot aus London Brexit: EU-Bürger sollen Bleiberecht einzeln beantragen

London · Vorige Woche begannen die Brexit-Verhandlungen, jetzt legt London einen ersten detaillierten Vorschlag vor. Die EU wird daran zu knabbern haben.

 Die EU reagierte unzufrieden auf den britischen Vorschlag.

Die EU reagierte unzufrieden auf den britischen Vorschlag.

Foto: Matt Dunham

Alle rund 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sollen ihr Bleiberecht nach dem Brexit einzeln beantragen, allerdings nach einem vereinfachten Verfahren.

Dies geht aus dem ausführlichen Angebot für die Austrittsverhandlungen mit der Europäischen Union hervor, das die britische Regierung am Montag vorlegte. Darin verspricht sie den Betroffenen rasche Rechtssicherheit und kommt einigen Forderungen der EU entgegen, allerdings nicht allen.

Die EU reagierte denn auch unzufrieden. "Das Ziel der EU bei den Rechten der Bürger: Derselbe Schutz wie nach EU-Recht", twitterte Chefunterhändler Michel Barnier am Montag. "Nötig sind mehr Ehrgeiz, Klarheit und Garantien als in der heutigen Position des Vereinigten Königreichs."

Unter anderem lehnt die Regierung von Premierministerin Theresa May die EU-Forderung strikt ab, dass EU-Bürger in Großbritannien ihre Rechte auch künftig vor dem Europäischen Gerichtshof einklagen können. Stattdessen sollen britische Gerichte zuständig sein. Schwer verdaulich dürfte auch der britische Vorschlag einer Stichtagsregelung sein, sofern der Termin vor dem eigentlichen Austritt im März 2019 liegt.

May hatte den EU-Gipfel vorige Woche bereits in groben Zügen von dem Angebot informiert. Garantien für die EU-Bürger in Großbritannien und die rund eine Million Briten in der EU haben für beide Seiten Priorität in den vor einer Woche begonnenen Verhandlungen. Denn die Menschen sind nach dem Brexit-Votum vor einem Jahr schwer verunsichert.

"Wir garantieren, dass alle dafür in Frage kommenden Einzelpersonen einen gesicherten Status nach britischem Recht bekommen", heißt es in dem Papier. "Das bedeutet, dass sie in jeder Eigenschaft hier wohnen und jede legale Tätigkeit aufnehmen dürfen, dass sie öffentliche Gelder und Dienstleistungen in Anspruch nehmen und sich um die britische Staatsbürgerschaft bewerben dürfen."

Das bisher äußerst komplizierte Bewerbungsverfahren für das Bleiberecht soll vereinfacht werden. So soll zum Beispiel kein Nachweis mehr nötig sein, dass EU-Bürger ohne Job immer voll krankenversichert waren. Das Verfahren werde modernisiert und so reibungslos und einfach wie möglich gehalten, versprach die britische Regierung. Anträge sollen schon vor dem Brexit möglich sein. Eine Übergangsfrist soll harte Brüche vermeiden.

Für ein dauerhaftes Bleiberecht in Frage kommen sollen nur EU-Bürger, die vor einem bestimmten Stichtag im Land waren. Den neuen Status bekommen sie auch frühestens, wenn sie fünf Jahre im Land gelebt haben. Wer erst nach dem Stichtag kommt, sollte "keine Erwartung eines garantierten Rechtsstatus" haben, heißt es weiter. Wer als EU-Ausländer in Großbritannien wiederholt und schwer straffällig wird, soll von dem Bleiberecht ausgeschlossen werden.

Schon nach Mays Vorschlägen vorige Woche hatte EU-Ratspräsident Donald Tusk aber erklärt, sie blieben hinter den Erwartungen zurück. Ein Stichtag vor dem eigentlichen Brexit wäre für die EU schwer zu schlucken, weil das Land bis zum Ausscheiden volles Mitglied mit allen Rechten und Pflichten ist und EU-Bürger eigentlich nicht fernhalten kann. Die EU fordert zudem weitreichende Rechte für den Familiennachzug, das will die britische Regierung zumindest restriktiver regeln.

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