Grenzschutz Kontrollsystem nach US-Vorbild geplant

Brüssel · In Brüssel denkt man über ein elektronisches Einreisekontrollverfahren nach. Vorbild ist das amerikanische System ESTA.

 Wer in die USA einreisen will, muss vorher die wichtigsten biografischen Daten angeben.

Wer in die USA einreisen will, muss vorher die wichtigsten biografischen Daten angeben.

Foto: picture-alliance/ dpa

Der Satz ist zum Mantra des deutschen Bundesinnenministers Thomas de Maizière geworden: „Wir müssen wissen, wer in die EU einreist und wir müssen auch wissen, wer wieder ausreist.“ Nun kommt offenbar Schwung in die Sache. Spätestens im November will die Brüsseler EU-Kommission einen konkreten Vorschlag für ein System präsentieren, das nichts anderes als eine Kopie des US-amerikanischen ESTA-Verfahrens wäre (ESTA: Electronic System für Travel Authorization = Elektronisches Verfahren zur Reisekontrolle).

Wer in die Vereinigten Staaten einreisen will, muss mindestens 72 Stunden vorher ein Formular im Internet ausfüllen, das die wichtigsten biografischen Angaben enthält: Name, Geburtsdatum, Hauptwohnsitz, Kreditkartennummer. Gebühr: 14 Dollar, rund zwölf Euro. Längst haben Kanada und Australien ähnliche Einreiseverfahren gestartet, die EU will nun nachziehen.

In dieser Woche sprachen sich de Maizière und sein französischer Amtskollege Bernard Cazeneuve zum wiederholten Mal für ein europäisches ESTA-System aus. Und die Kommission reagierte bereitwillig, schließlich hatte sie eine ähnliche Idee auch schon früher erwogen: „Wir begrüßen den Vorschlag“, teilte Kommissionssprecherin Natasha Bertaud mit. Deshalb werde man im Herbst einen konkreten Gesetzesvorschlag unterbreiten.

In den Vereinigten Staaten wurde ESTA 2009 im Rahmen des „Patriot Act“ nach den Anschlägen auf New York und Washington eingeführt. Das Department of Homeland Security verlangt seither von jedem Ein- oder Transitreisenden eine vorherige Anmeldung und gleicht die Daten mit den Informationen in den Fahndungscomputern ab.

Damals wollte Europa nichts von dieser Neuerung wissen. Im Gegenteil: Die Brüsseler Kommission unter ihrem damaligen Präsidenten José Manuel Barroso prüfte sogar, ob es sich nicht um die Wiedereinführung der Visapflicht unter einem anderen Namen handelte.

Andere waren dagegen Feuer und Flamme. So plädierte der damalige deutsche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) 2013 dafür, eine europäische ESTA-Variante zügig zu entwickeln: „Das System ist unkompliziert zu handhaben. Das weiß jeder, der das Onlineformular für die Einreise in die USA schon einmal ausgefüllt hat.“

In Brüssel sind die Bedenken tatsächlich verstummt. „Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen wissen, wer sich in der Union befindet“, erklärte der Chef der christdemokratischen EVP-Mehrheitsfraktion im Europäischen Parlament, Manfred Weber, am Freitag. „Dafür brauchen wir rasch ein unbürokratisches und gleichzeitig sicheres Informationssystem wie ESTA nach US-Vorbild.“ Damit könne leicht geprüft werden, ob „jemand in die EU einreisen darf“.

Vor allem vor dem Hintergrund zunehmender Visaliberalisierungen, die die Gemeinschaft Georgiern, Ukrainern, Kosovaren und auch Türken in Aussicht gestellt hat, gewinnen die Überlegungen für eine vorherige Anmeldung an Zuspruch. Anders als die USA würde die EU aber offenbar eine Variante bevorzugen, die nur für jene Ein- und Ausreisenden gilt, die kein Visum für die EU brauchen – beispielsweise Amerikaner.

Bereits beim Sondertreffen der 27 Staats- und Regierungschefs ohne Großbritannien Mitte September in Bratislava soll über das Thema Einvernehmen hergestellt werden. Nach einem konkreten Gesetzesvorschlag der Kommission wäre ein Start 2017 möglich.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort