Kommentar zu den Brexit-Verhandlungen Kollisionskurs
Meinung · Die EU erscheint gut aufgestellt, Londons Vertreter aber spielen in Brüssel wieder einmal den Bremser, kommentiert GA-Korrespondent Detlef Drewes.
Erfahrene Diplomaten werden mit Recht sagen, es sei naiv gewesen, schon von der zweiten Verhandlungsrunde in Sachen Brexit Ergebnisse zu erwarten. Das mag so sein, weil die Materie komplex und die juristischen Feinheiten unter Umständen ausschlaggebend sein können. Aber beide Seiten sollten auch wissen: So lange sie die Gespräche mit Unverbindlichkeiten und durch miserable Vorbereitung auf britischer Seiten bremsen und hinauszögern, gibt es für Menschen und Unternehmen auf beiden Seiten des Kanals Ungewissheit.
Und sie trifft nicht nur Bürger, die sich Gedanken über ihre persönliche Zukunft im Vereinigten Königreich oder in der EU machen. Die Unsicherheit belastet auch zahlreiche Konzerne und Betriebe, in deren Branchen wichtige Investitionsentscheidungen einen Vorlauf von zwölf Monaten und mehr brauchen.
Die EU erscheint gut aufgestellt, Londons Vertreter aber spielen in Brüssel wieder einmal den Bremser, weil die wichtigsten Protagonisten eher mit innerbritischem Machtpoker beschäftigt sind als mit der Regelung der künftigen Beziehungen. So wird das mit einem guten Deal für beide Seiten nichts.
Diese Verzögerungsstrategie erscheint vor allem deshalb unsinnig, weil die Wirtschaft auf der Insel wie auf dem Kontinent gerade die Früchte einer guten Konjunktur zu ernten beginnt. Noch halten sich die ökonomischen Probleme Großbritanniens in Grenzen. Aber sie werden vor allem dort zunehmen, weil Konzerne ihre Entscheidung über Investitionen aufs Eis legen, solange nicht klar ist, wie sich London künftig aufstellt.